Kann Immunsystem HIV lebenslang unterdrückt halten?
Es gibt selten (ca einer auf 300) HIV-infizierte Menschen, bei denen man im Blut nie HIV-Virus (oder nur in ganz tiefen Konzentrationen findet), obwohl diese keine Therapie einnehmen. Man nennt dieses Phänomen auch „Elite Controllers“. Diese Menschen verzichten auf eine HIV-Therapie, denn Ihr Immunsystem tut das, was es auch bei anderen Infektionserregern erfolgreich tut: Unterdrückt halten, Schaden durch Virus verhindern.
Doch was passiert, wenn das Immunsystem geschädigt wird?
Autoren aus England haben nun eine spezielle Situation beschrieben, die durchaus als „proof of principle“ zugunsten des Immunsystems interpretiert werden könnte. Ein solcher „Elite Controller“ musste sich nämlich wegen einer Krebskrankheit der Blutbildenden Zellen (Multiples Myelom) behandeln lassen. Bei dieser Chemotherapie werden typischerweise alle weissen Blutkörperchen, also die Experten für die Immunantwort, zerstört. Im Anschluss an diese Behandlung spritzt man zuvor tiefgefrorene Stammzellen derselben Person wieder ins Blut. Diese Stammzellen finden den Weg ins Knochenmark und bilden dort wieder neue Immunzellen.
Viruskontrolle rasch wieder erstellt
Tatsächlich kam es bei dieser Person erwartungsgemäss während der Chemotherapie zum Anstieg von HIV-Virus im Blut.
In In der Abbildung blau dargestellt die Viruskonzentration im Blut, die vor der Therapie des Myeloms nicht nachweisbar war. Doch nach Transfusion der Stammzellen setzte bereits nach 13 Tagen der Abfall der Viruskonzentration ein. Und tatsächlich konnten diese neu generierten Immunzellen diese Virusinfektion wieder unter Kontrolle bringen.
CD8 Zellen scheinen den wichtigsten Job zu erledigen
Die Autoren haben dargelegt, dass es vermutlich die CD8 (Supressor-)T-Zellen sind, welche die Aufgabe der Virusabwehr so gut erledigt haben. Nach der Stammzellinfusion hat sich eine spezielle Gruppe von CD8 Zellen (HLA-B*81:01) stark ausgebreitet, um sich nach Suppression der Viruslast auf einem tieferen Niveau zu stablisieren.
Diese Arbeit zeigt noch nichts für die erfolgreiche Heilung von HIV. Doch sie zeigt zwei wichtige Punkte:
- erstens können Elite Controllers auch nach einer Zerstörung des Immunsystems im Rahmen einer Chemotherapie wieder mit einer korrekten Einstellung der Viruslast rechen
- zweitens zeigt sie aber auch, dass es Immun-Zellen gibt, die ein Virus in Schach halten können. Wenn es gelingt, eine spezielle Art von Abwehrzellen zu generieren, so könnten diese doch durchaus das Potential haben, auch bei anderen Personen die HIV-Vermehrung unter Kontrolle zu halten.
Dies sind grosse Wünsche, wir sind noch lange nicht soweit. Doch jeder kleine Schritt zählt.
Foto von NIAID