24. April 2015

Operation bei Wirbelsäulen-Infekt – kein einfacher Entscheid

Infektionen der Wirbelsäule nehmen allgemein zu. Die Infektion erfolgt meist über den Blutweg (hämatogen). Das optimale Vorgehen – Antibiotika  mit oder ohne Operation – ist immer noch ungewiss. Eine Studie aus Südkorea untersucht die Erfahrungen mit den beiden Vorgehensweisen.Ausganglage
Meistens kann eine vertebrale Osteomyelitis (VOM) mit einer prolongierten und gezielten antibiotischen Therapie konservativ behandelt werden. Trotzdem gibt es Situationen wo eine operative Sanierung mit oder ohne Stabilisierung erfolgen muss.
Eine operative Stabilisierung mit Einbringen von Fremdmaterial in infektiöses Gebiet birgt das Risiko einer persistierenden fremdkörper-assoziierten Infektion.

Was untersucht wurde
Die retrospetive Kohortenstudie wurde in fünf tertiären Zentren in Südkorea durchgeführt, wo alle Patienten mit einer hämatogenen VOM mit operativen Eingriffen (Debridement mit/ ohne Stabilisierung) in einem Zeitraum von 2002-2012 eingeschlossen wurden. Die Diagnose einer VOM musste bildgebend und mikrobiologisch bestätigt sein. Klinische Outcomeparameter waren Tod im Rahmen der Infektion, primäres Versagen der Therapie oder eine Infekt-Rezidiv.

Resultate
153 Patientin wurden eingeschlossen. Das mediane Alter war 66 Jahre, Männer und Frauen waren gleich verteilt, etwa 30% waren Diabetiker, knapp 7% hatten eine maligne Neoplasie. Die Hälfte wurde innert 6 Tagen operiert, wobei mehrheitlich (ca. 60%) ein reines Debridement durchgeführt wurde und seltener (40%) eine operative Stabilisierung der Wirbelsäule. Häufigster Erreger war Staphylococcus aureus (ca 40% MRSA!), gefolgt von gramnegativen Keimen und Streptokokken.
Alle Patienten hatten initial eine intravenöse antibiotische Therapie. Bei etwa der Hälfte erfolgte eine perorale Anschlusstherapie. Die totale Therapiedauer betrug bei den meisten Patienten zwischen 6-12 Wochen. Das Follow-up dauerte mehrere Jahre. 143 Patienten komplettierten die antibiotische Therapie und konnten bezüglich eines Rezidivs ausgewertet werden.

Therapiedauer von Bedeutung
In beiden Gruppen (reines Debridement vs. Debridement mit Stabilisierung) erlitten rund 5% ein Rezidiv. Eine Therapiedauer unter 6 Wochen war ein signifikanter Risikofaktor für ein Wiederauftreten der Infektion. Weder Instrumentation, Art der Instrumentation (Stangen, Platten, Cages, Schrauben) oder Knochenersatz waren signifikante Risikofaktoren für ein Therapieversagen. Ebenso wenig ob einzeitig oder zweizeitig operiert wurde. Am wenigsten Rezidive traten bei einer antibiotischen Therapie über 8 Wochen auf.

Diskussion
Dies ist eine der grössten Studien zum Outcome von chirurgischen Interventionen mit oder ohne Fremdmaterial bei hämatogener VOM. Das Einbringen von Fremdmaterial scheint nicht mit einem Therapieversagen vergesellschaftet zu sein. Bei spinaler Instrumentation scheint aber eine gezielte antibiotische Therapie von mehr als 6 Wochen notwendig zu sein, die optimale Dauer konnte nicht definiert werden (am KSSG erfolgt in Abhängigkeit des Keimes meist eine 12-wöchige Therapie nach Instrumentation). Die antibiotische Therapie war zwar nicht standardisiert, wurde aber jeweils von Infektiologen gezielt verordnet und ist im Supplementum genauer beschrieben. Leider werden keine Angaben über Einfluss einer fremdkörperaktiven Therapie gemacht (Rifampicin wurde nur bei einem einzigen Patienten mit Staphylococcus aureus verordnet, viele Patienten mit gramnegativen Keimen hatten ein Chinolon.)
Es wird diskutiert, dass wsh häufiger trotz antibiotischer Therapie eine asymptomatische Kolonisation des Fremdmaterials und des umliegenden Knochens durch Bakterien persistiert, welche aber durch unseren Körper kontrolliert wird.
Obwohl es andere Studien mit ähnlichem Outcome gibt, ist diese einzigartig wegen der grossen Patientenzahl, klaren Einschlusskriterien, mikrobiologischem Beweis der Infektion und vor allem einer Vergleichsgruppe ohne Instrumentierung.
Limitation der Studie ist das retrospektive Design. Trotz vergleichsweise hoher Patientenzahl kann ausserdem keine Aussage über optimale Therapiedauer und optimale Therapie nach spezifischem Keim gemacht werden.

Konklusion
Die vorliegende Studie bestätigt mit einer für das seltene Krankheitsbild doch grossen Fallzahl, dass – falls notwendig – eine Stabilisierung der Wirbelsäule in der Infektsituation ein gutes Outcome hat. Dabei ist eine gezielte und prolongierte antibiotische Therapie essentiell. Die Studie unterstützt unsere klinische Erfahrung und suggeriert die Wichtigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit in komplizierten Infektionen.