Sensation: Tollwut überlebt!

Wenn die Tollwut bei einem Menschen ausbricht, ist diese immer tödlich. Ein 15-jähriges Mädchen hat einen heroischen Therapieversuch überlebt. Entwickelt sich nun ein neuer Standard für die Therapie?

Die terrestrische Tollwut ist in der Schweiz ausgemerzt. Doch Tierbisse durch Tollwutverdächtige Tier kommen bei Reisenden (insbesondere Indien!) immer wieder vor. Auch vereinzelte Fälle von unkontrolliert in die Schweiz importierten Tieren mit Tollwut sind noch möglich.
Nach einem Tierbiss ist eine post-Expositionsprophylaxe (PEP) mittels aktiver und passiver Immunisierung hoch wirksam. Das BAG hat die Empfehlungen zur Tolwut-PEP 2004 revidiert. Die Indikation zur PEP wurde etwas gelockert angesichts der infausten Prognose bei zwar geringem aber doch vorhandenen Expositionsrisiko.

Im NEJM vom 16.6.05 wird aus Wisconsin über eine erfolgreiche Behandlung eines 15-jährigen Mädchens mit Tollwut berichtet. Das Mädchen hatte einer Fledermaus, die im Innern eines Raumes gegen ein Fenster flog, ins Freie getragen. Dabei hatte sie sich eine 5mm lange schürfung zugezogen, welche desinfiziert wurde.
Einen Monat später begann die neurologische Symptomatik mit Müdigkeit, Prästhesien der linken Hand, Doppelbilder und Ataxie. Vier Tage nach Symptombeginn und zunehmender generalisierten neurologischen Symptomen wurde mit der Erhebung der Anamnese de Verdachtsdiagnose Tollwut gestellt und das Mädchen hospitalisiert.
Am zweiten Hospitalisationstag war die Klinik bereits ausgeprägt und typisch mit Speichelfluss, Hirnnervenausfällen, Myoklonus und Intentionstremor. Im Liquor wurden Antikörper gegen Tollwutviren bestätigt, ein Virusnachweis blieb ergebnislos.

RabiesIn der Folge wurde das Mädchen intubiert, sediert und mit Ketamin narkotisiert, sowie eine antivirale Therapie mit Amantadin und Ribavirin eingeleitet. Nach

 

 insgesamt 14 tägiger Ketamin-Narkose und 3-wöchiger Sedation hat das Mädchen die Tollwut überlebt und neutralisierende Antikörper gegen Tollwut entwickelt.Allerdings kam es nicht zur restitutio ad integrum. Vier Monate später konnte sich die Patientin zwar selbst essen und sich kleiden, doch sie hat weiterin schwere neurologische Defekte (Choreaathetose, Dystonie, Ballismus), eine verwaschene Sprache und die Kommunikationsfähigkeit war beschränkt. I

In der online-Version ist ein Video mit dem klinisch-neurologischen Bild der Patientin veröffentlicht.

Ketamin hat im Tierversuch eine antagonisierende Wirkung für Rabies. Die Hypothese hinter der Behandlung war eine hirnprotektive Behandlung mit Ketamin während sich eine Immunantwort gegen Rabies aufbaut. Letzteres ist klar gelungen, doch die protektive Behandlung war offensichtlich ungenügend. Möglich, dass ein früherer Einsatz der Therapie und eventuell eine andere Dosis die Resultate verbessern könnte.

Doch bevor nun diese Therapie routinemässig eingesetzt wird. Es wäre ratsam, die Wirksamkeit der Behandlung mit weiteren Tierversuchen zu belegen. Denn es ist auch möglich, dass dieses Mädchen eine besonders milde Form einer Tollwut hatte. AUch ihre Exposition war ja auffällig gering und der fehlende Virusnachweis spricht ebenfalls dafür.

Quelle: Willoughby et al NEJM 2005 352:2508-2514

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