AIDS-Medikamente für Sars ?

Bereits 6 Wochen nach der ersten Sars-Warnung der WHO werden die Resultate der ersten Untersuchungen über mögliche Behandlungsstrategien von Sars veröffentlicht. Die modernen molekulargenetischen Methoden erlauben eine innovative, sehr gezielte Suche nach therapeutischen Methoden.

Mal angenommen, das neu gefundene Coronavirus ist tatsächlich die Ursache für Sars (was von kanadischen Epidemiologen angezweifelt, sonst aber allgemein akzeptiert wird). Dann liegt es nahe, den für jedes Virus typischen Mechanismus zum Eindringen in die menschlichen Zellen zu studieren. Das Coronavirus hat an seiner Oberfläche knöpfchenartige Ausstülpungen, welche dem Virus auch den Namen geben (Corona=Krone). Mit diesen Oberflächeneiweissen kann das Virus an die Zelle eindocken und durch sog. Fusion ins Zellinnere gelangen.

Diesen Fusionsprozess haben nun Wissenschafter der Tulane-University in Louisianna erforscht. Die ersten Resultate haben sie nun online publiziert. Ähnlich wie das gp160 Protein von HIV hat auch das S-glycoprotein des Sars-Virus (sog. Urbani-Stamm) einen äusseren Anteil, der an die Zielzelle bindet und eine innere Struktur, welche für die Fusion mit der Zelle verantwortlich ist. Bei HIV heissen die beiden Proteine gp120 und gp41). Das Protein gehört gemäss seiner Struktur somit zur Superfamilie der viralen Transmembran-Entry-Proteinen.

Interessant ist nun die Beobachtung von zahlreichen Ähnlichkeiten (Homologien) zwischen den Fusionmolekülen von Sars und HIV. Die Autoren postulieren, dass das Fusionsmolekül ein möglicher Ansatzpunkt für Medikamente gegen Sars sein könnte und testen bereits verschiedene Substanzen, die gegen die entsprechenden Strukturen von HIV wirken.

Ein interessanter Aspekt dürfte die Beobachtung sein, dass ein für HIV bereits zugelassener Fusionshemmer (Enfuvirtide=Fuzeon, siehe auch unseren Bericht) aufgrund seiner Struktur möglicherweise auch die Fusion des Sars-Virus blockieren könnte. Bereits vor einigen Tagen wurde gemeldet, dass HIV-positive Patienten seltener an Sars erkranken. Vielleicht haben HIV-Infizierte Antikörper gegen solche Fusioneiweisse gebildet, welche zwar nicht gegen HIV wirken, jedoch die Infektion mit dem Sars Virus verhindern.