Akupunktur gegen Harnwegsinfekte?
Häufig wiederkehrende (rezidivierende) Harnwegsinfekte (HWI) sind ein häufiges Problem bei Frauen. Sie verursachen nicht nur unangenehme Symptome sondern auch Kosten für das Individuum oder das Gesundheitssystem. Es existieren Studien über verschiedene Prophylaxe- oder Behandlungsmöglichkeiten (tägliche Antibiotika-Propylaxe, Cranberrysaft, etc.) jedoch kein direkter Vergleich zwischen den verschiedenen Behandlungsoptionen, vor allem auch in Bezug auf Benefit/Kosten für Patientinnen und das Gesundheitssystem.
Eine Modellrechnung zum Verlgeich verschiedener Studien
Die aktuelle Uebersichtsarbeit von Eells et all. im CID 2014 vergleicht in einem Modell aufgrund publizierter Daten folgende Behandlungsoptionen zur Reduktion von rez. HWI bei Frauen mit mehr als 3 respektive 8 Episoden pro Jahr:
- Tägliche Nitrofurantoin-Prophylaxe (AB)
- Täglich Prophylaxe mit Oestrogensalbe vaginal
- Tägliche Prophylaxe mit Cranberry-Saft
- monatliche Akupunktur
- Selbstbehandlung mit Ciprofloxacin bei ersten Symptomen
Als Endpunkte wurde die absolute Reduktion von HWI, die Verbesserung der Lebensqualität (quality-adjusted life-days, QALD) sowie die Kosten (für Patientinnen und Gesundheitssystem) per QALD angeschaut.
Resultate:
Es wurden 20 publizierte Arbeiten (6 Antibiotika Prophylaxe, 5 Oestrogen-Prophylaxe, 4 Cranberry, 2 Akupunktur, 3 Selbstbehandlung) identifiziert.
Wie die Abbildung zeigt (Klick zur Vergrösserung), war die tägliche Antibiotika (AB)-Prophylaxe am effizientesten zur Reduktion der HWI (0.4 Episoden/Jahr) gefolgt von monatlicher Akupunktur (0.7 Episoden/Jahr). Die tägliche AB-Prophylaxe war auch die teuerste Strategie für das Gesundheitssystem (und eine der billigsten für die Patientinnen) führte dafür auch zur Verbesserung der QALD. Symptomatische Selbstbehandlung mit Ciprofloxacin war am billigsten sowohl für die Patientinnen wie für das Gesundheitssystem, jedoch ohne Reduktion der HWI-Episoden.
Kommentar:
Zur AB-Prophylaxe bleibt als Erstes anzumerken, dass die Studien nur Nitrofurantoin 100mg/Tag untersucht haben, zu anderen möglichen AB-Prophylaxen kann diese Studie keine Aussage machen. Was wäre wenn nun alle Frauen mit rez.HWI eine AB-Prophylaxe einnähmen anstelle von den häufig angewendeten, nicht-medikamentösen Behandlungsstrategien? Die Auswirkungen auf die Resistenzentwicklung der HWI-Keime, die Nebenwirkungen, und nicht zuletzt die nachhaltige Veränderungen des Mikrobioms, bleiben nicht untersucht (siehe auch Editorial im selben CID).
Wir sind der Meinung, dass diese Analyse nicht genügt, um Frauen mit rezidivierenden HWI eine antibiotische Prophylaxe mit Nitrofurantoin zu empfehlen. Denn im Zeitalter der zunehmenden ESBL-Problematik ist Nitrofurantoin häufig noch die letzte verfügbare antibiotische Substanz in Tablettenform. Würden wir allen Frauen mit rez. HWI das Nitrofurantoin als Prophylaxe verschreiben, so würden wir es innert kurzer Zeit als noch mögliche Substanz bei ESBL Keimen verlieren.
Interessant und vielleicht weiter zu verfolgen bleibt die Behandlungsmöglichkeit Akupunktur. Anzumerken ist allerdings, dass nur zwei Studien eingeschlossen wurden, was die Aussage bezüglich Wirksamkeit einschränkt. Bezüglich Kosten sind da die Patientinnen häufig die alleinigen Trägerinnen.
Ausserdem wurden in dieser Übersicht nur immer Studien mit einzelnen Massnahmen untersucht. Wir denken, dass bei Frauen mit rez. HWI mehrere Massnahmen gleichzeitig zur Verbesserung der Situation angewendet werden sollen, in erster Linie wohl auch die symptomatische Therapie mit NSAR sowie nach individuellen Risikofaktoren auch Oestrogensalbe, Cranberry und allenfalls Selbstmedikation mit einem Antibiotikum bei erster Symptomatik. Ob in Zukunft auch die Akupunktur hier ihren Stellenwert haben wird, bleibt offen, aber die ersten Daten sind ermutigend.