Ist Hirnhautentzündung eine Geschlechtskrankheit?

Natürlich nicht! Aber weshalb wird nun in Berlin eine Meningokokken-Impfung für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) empfohlen? Die Sache ist komplexer….

Im Juni 2013 meldet das RKI eine Fallserie (Eurosurveillance 2013) von fünf jungen Männern mit einer Meningokokken-Meningitis. Diese fünf Fälle traten alle in Berlin zwischen Oktober 2012 und Mai 2013 auf. Drei der fünf Männer starben an dieser schweren bakteriellen Krankheit. Das Besondere an dieser Mitteilung ist, dass alle mit dem gleichen Bakterientyp infiziert wurden (Serotyp C). Mitte Juli 2013 empfiehlt der Berliner Impfbeirat allen sexuell aktiven MSM der Stadt Berlin eine Impfung gegen Meningokokken.

Schon NYC alarmiert
Doch die Empfehlung ist kein Einzelfall: Am 6. März 2013 hat das Gesundheitsdepartement des States New York eine Impfempfehlung für MSM erlassen. Zwischen August 2010 und Juni 2013 sind in NYC 22 Fälle von Meningokokken-Meningitis (davon 7 mit tödlichem Ausgang) beobachtet worden (AIM, 2013). Etwa die Hälfte der Betroffenen waren HIV-positiv. In all diesen Fällen handelte es sich um den Meningokokken-Serotyp C und, in den meisten Fällen, um den gleichen Untertyp, der auch schon 2006 einen "outbreak" unter Drogensüchtigen in NYC verursacht hatte. 

Übertragung durch engen Körperkontakt
Meningokokken werden nicht sexuell übertragen. Personen, die mit Meningokokken besiedelt sind, erkranken selten an einer Hirnhautentzündung oder Sepsis, doch sie können die Bakterien, die im Nasensekret nachzuweisen sind, bei engem Kontakt übertragen. Tatsächlich kann man bei ca. 10% der Bevölkerung Meningokokken im Nasensekret nachweisen. Typischerweise ist dies häufiger, wenn Menschen eng zusammen sind, wie zum Beispiel in Schulen oder im Militär, aber auch in der Familie. Dass es zu einer Erkrankung kommt, ist selten und es braucht zusätzliche Wirts- und Keimfaktoren, die die Entwicklung einer Hirnhautentzündung begünstigen.

Aus den Erfahrungen in NYC wissen wir, dass die Häufigkeit einer Übertragung (und damit auch die Chance einer Infektion) beim engen körperlichen Kontakt in typischen MSM-Treffpunkten höher ist. Möglich ist auch, dass der beobachtete Keim häufiger eine Krankheit verursachen kann.

Impfung gegen Meningokokken
Sicher kann eine Meningokokken-Impfung die Besiedelung des Nasensekretes verhindern und damit auch die Krankheitsrate reduzieren. Doch letztendlich handelt es sich immer noch um eine seltene Krankheit. Es ist allerdings anzunehmen, dass Männer, die sich in den MSM-Saunen und Bars in NYC oder Berlin aufhalten, einem erhöhten Risiko einer Infektion ausgesetzt sind.

Zur Zeit gibt es sicher keinen Grund, eine Empfehlung zur Meningokokken-Impfung für die Schweiz zu machen. Das BAG beobachtet die epidemiologische Lage in der Schweiz sorgfältig. Doch wenn Männer nach Berlin oder NYC reisen und planen, sich dort in der MSM-Szene zu bewegen, kann eine Impfempfehlung sicher individuell besprochen werden. Die Meningokokkenimpfung ist gut verträglich und kostet etwa 40 Franken.

Wie manifestiert sich eine Meningokokken-Meningitis?
Eine Meningitis (Hirnhautentzündung) ist eine schwere Erkrankung. In der Regel treten Kopfschmerzen und Fieber auf und der Verlauf ist meist sehr schnell. Typisch sind heftige Kopfschmerzen bis zur Nackensteifigkeit, Übelkeit, Lichtscheu gelegentlich auch Hautausschläge. Eine Bewusstseinsstörung kann rasch eintreten und zeigt bereits eine  schwere Form an.