… und immer noch neue Substanzen in der Entwicklung

Neue Substanzen können nur noch durch gute Verträglichkeit punkten. Das ist angesichts der exzellenten Verträglichkeit der Integrasehemmer eine hohe Hürde, und dennoch kommen immer neue Substanzen auf den Markt.

 

Non-Nukleosid-RT-Hemmer immer noch top 
Ein neuer NNRTI, MK-1439 wurde in einer Dosisfindungsstudie (Phase 1b, 25mg vs. 200mg) (Anderson et al, Abstr 100) an 18 Probanden getestet. Frühere Studien zeigten gute Verträglichkeit (kein Hautausschlag, keine ZNS-Symptome). Sieben Tage Monotherapie führte zu identischem RNA- Abfall in beiden Dosierungen um ca. 1.4log10.
  
Die neue Klasse der „non-catalytic site“ Integrase-Hemmern: Neuer Mechanismus
Stephen Yant von Gilead hat fast einen Krimi vorgestellt, als er die Wirkungsweise der neuen non-catalytic site In-Hemmer aufgezeigt hat. Die neuen Integrasehemmer binden ausserhalb der Bindungsstelle des Integrase-Komplexes mit der RNA. Doch auffallend ist, dass diese Substanzen zwar (in hoher Konzentration) die Integration blockieren (LEDGF-abhängig) aber deutlicher kann ihre Wirkung in der Bildung neuer Viren – also nach der Integration in der DNA beobachtet werden. Die Gruppe zeigte, dass die neuen Inhibitoren zu einem abnorm geformten Integrase-Molekül führen, und dass bei der Ausbildung der neuen Virusmoleküle dann die defekte Integrase eingepackt wird. Vermutlich handelt es sich um eine pathologische Bildung von dimeren. Der Defekt lässt sich auch elektronenmikroskopisch an einer pathologischen core-Struktur zeigen.
   
Cenicriviroc (CVC) ein kombinierter CCR5-/CCR2-Antagonist
Wie der Name erraten lässt, ist Cenicriviroc (CVC) ein neuer CCR5-/ aber auch CCR2-Antagonist. Er hat möglicherweise das Potential für eine anti-inflammatorische Wirkung über den CCR2-Rezeptor, der sich an der Oberfläche von Makrophagen und Monozyten findet. Aufgrund der T ½ von 30-40h ist eine „once daily“ Gabe möglich.
In einer Phase 2 Studie mit 143 Probanden (Gathe et al, Abstr 106LB) wurde die Wirksamkeit von CVC mit EFV in Kombination mit FTC/TDF bei ART-naiven Patienten mit CCR5-tropem Virus verglichen, wobei sich zeigte, dass es unter CVC häufiger zu einem virologischen „Nicht-Ansprechen“ kam, während im EFV-Arm mehr Nebenwirkungen auftraten, welche zu einem Therapieabbruch führten (Abb. rechts, clicken zum Vergrössern).
 
Neue Formulierungen
Neben der Entwicklung von Stoffen mit neuem Wirkungsmechanismus ist eine weitere Strategie der Therapieweiterentwicklung die Arbeit an neue Formulierungen bekannter Wirkstoffe mit dem Ziel einer verbesserten Wirksamkeit, einer längeren Wirkdauer, einem besseren Nebenwirkungsprofil mit weniger Langzeittoxizität.
Ziel neuer Formulierungen ist oft die Reduktion der Tablettenzahl: Es gibt aktuell 3 mögliche Therapien, bei welchen die Anzahl Tabletten/Tag auf 1 reduziert werden konnten (EFV/TDF/FTC (= Atripla ®), RPV/TDF/FTC, EVG/c/TDF/FTC).
Daneben sind neue Formulierungen für ATV und DRV als Kombinationspräparate mit Cobistat als Booster in einer Tablette in Entwicklung, wodurch Ritonavir als zusätzliche Tablette wegfallen wird.
Ein weiteres Ziel neuer Formulierungen ist die Entwicklung von Präparaten mit langer Wirksamkeit. Diesbezüglich gibt es Studien zu Nanoformulierungen. Es laufen bereits klinische Studien mit Rilpivirin (RPV) als „Long acting RPV“ in parenteraler Formulierung. In einer Studie wurde eine monatliche Gabe i.m. verabreicht. Im Tiermodell wurden hohe Gewebsspiegel erreicht, beim Menschen konnte gezeigt werden, dass in den relevanten Geweben eine Konzentration, vergleichbar mit dem Plasmaspiegel erreicht werden konnte. Aktuell läuft eine Pilot-Safety-Studie mit unterschiedlichen, lang wirksamen Präparaten.