Exanthem-Exposition in der Schwangerschaft – Was tun?

Schwangere Frauen sollten den Kontakt zu Kindern mit viralen Exanthemen vermeiden. Was tun, wenn es dennoch passiert? 

Kommt es trotzdem zu einer Exposition, bedarf es eines raschen Assessments, um die Gabe von schützenden Antikörpern (Immunglobulinen) zu überprüfen. Die vier Infektionen, welche für Mutter oder Kind ein Risiko darstellen können, sind

  • Masern
  • Röteln
  • Parvovirus B19
  • Varizella Zoster Virus (VZV)

Prävention

Zur Prävention wird idealerweise der Immunstatus vor einer geplanten Schwangerschaft abgeklärt und fehlende Impfungen ergänzt. Die Asservierung eines Nullserums kann die Diagnostik im Falle einer späteren Exposition beschleunigen. Sowohl die MMR- als auch die Varizellen-Impfung sind während der Schwangerschaft kontraindiziert.

Interventionsmöglichkeiten

Nach einem Kontakt, sollte der mütterliche Immunstatus bezüglich den erwähnten Viren eruiert werden. Bei Exposition mit einer Person mit maculopapulösem Exanthem und klinischem Masernverdacht bestätigen 2 dokumentierte MMR-Impfungen die mütterliche Immunität gegenüber Masern und Röteln. Ist der Impfstatus unklar, kann bei negativen Masern-IgG die Gabe von menschlichen Antikörpern (human normal Immunglobulin, HNIG) innerhalb von 6 Tagen nach Exposition eine mütterliche Maserninfektion verhindern oder abschwächen. Während der Schwanschaft erworbene Masern bergen vor allem für die Mutter die Gefahr einer schweren oder fatalen Pneumonie. Für das Neugeborene werden perinatal erworbene schwere Masernverläufe und eine beschleunigte, subakute sklerosierende Panenzephalitis beschrieben.

Bei Röteln verhält es sich schwieriger. Für die Gabe von Immunglobulin nach Rötelnexposition gibt es keinerlei Evidenz. Ein kongenitales Rötelnsyndrom wird in 90% der Schwangeren in den ersten 11 Schwangerschaftswochen (SSW) beschrieben. Je später die Schwangerschaft, desto geringer das Risiko für das Kind (20% in der 11.-16. SSW, das Risiko einer Taubheit beim Kind ist relativ gering in der 16.-20. SSW). Ein quantitativer Röteln-IgG-Titer <10 IU/ml sollte nach einem Monat wiederholt werden. Dann lässt sich zusammen mit einem Nachweis von IgM eine Infektion der Mutter beweisen, um allfällige Konsequenzen für das Kind abzuklären. 

Für Parvovirus B19 (Ringelröteln) gibt es weder eine Impfung noch eine Postexpositionsprophylaxe. In 50% läuft die Infektion asymptomatisch ab. Die Erkrankung kann mit Fieber gefolgt von einer akuten symmetrischen Arthropathie oder einem diskreten maculopapulösen girlandenartigen Exanthem einhergehen. Bei Immunsupprimierten kann es zu Anämie und Panzytopenie kommen. Sind IgM und IgG negativ, sollte eine Serokonversion nach einem Monat gesucht werden und bei mütterlicher Infektion der Fetus im Hinblick auf einen Hydrops fetalis (3% der Fälle, 50% davon tödlich) monitorisiert werden. Intrauterine Transfusionen verbessern das Outcome signifikant.

Hat eine nicht immune Schwangere Kontakt mit einer Person mit typischen Windpocken, sollte rechtzeitig eine Varizella Zoster Immunglobulin (VZIG)-Gabe erfolgen. Eine Frau gilt als immun, wenn sie als Kind Varizellen durchgemacht hat oder wenn Kinder in ihrem Haushalt anamnestisch (>1Monat) Varizellen hatten. Die Immunität kann ansonsten auch mit einer Varizella-Impfung (2 Dosen) erreicht werden.

Stammt die Schwangere aus einem Niedrigprävalenzgebiet für Varizellen wie z.B. Subsahara-Afrika, Südindien und Karibikinseln, ist die Anamnese weniger zuverlässig, so dass es sich lohnt, postexpositionell die IgG zu bestimmen. Eine negative Varizellen-Anamnese in unseren Breitengraden ist unzuverlässig. Die meisten Frauen sind VZV-IgG-positiv (Seroprävalenz bei Erwachsenen >90%). Viele VZV-IgG-Tests haben eine suboptimale Sensitivität, teils bis <70%.

Durch die Verabreichung von VZIG lässt sich eine schwere mütterliche Varizellen-Infektion (in 20-40% der Fälle schwere Pneumonie) vermeiden und das mütterliche Sterblichkeitsrisiko reduzieren. 50% der empfänglichen Schwangeren entwickeln nach Haushaltsexposition trotz VZIG-Gabe Windpocken, während es bei 25% zu einer Serokonversion mit subklinischer Infektion kommt. Der empfohlene Zeitrahmen für die Gabe von VZIG beträgt gemäss englischer Empfehlung 10 Tage nach Exposition, respektive 4 Tage gemäss amerikanischen Empfehlungen. Die limitierten Daten zeigen nicht, ob VZIG das Risiko kongenitaler Varizellen zu reduzieren vermag. Mütterliche Varizellen vor der 20. SSW führen in 0.4-2.0% zu einem kongenitalen Varizella-Syndrom. In der 13.-40. SSW kann es in 1-2% zu kindlichen Varizellen kommen. Mütterliche Varizellen um den Geburtstermin 5 Tage vor bis zu zwei Tage nach der Geburt können in 20% der Fälle zu schweren neonatalen Varizellen führen, da es durch das Fehlen mütterlicher Antikörper zu einem Verlauf wie beim Immunkompromittierten kommen kann. Die Geburt sollte bei mütterlicher Varizellenexposition in der Zeit vor dem Termin zwischen 2 Tage vor bis 5 Tage nach dem Auftreten des mütterlichen Exanthems verhindert werden.

Quelle: MacMahon, Investigating the pregnant woman exposed to a child with a rash. BMJ Mar 2012