Reisekückkehrende mit Fieber
Frau V. D’Acremont vom Universitätsspital Lausanne, Schweiz, hielt einen exzellenten Vortrag über Diagnostik und Entscheidungsschritte bei V.a. Malaria. Wieder einmal wurde betont, dass bei fiebrigen Reiserückkehrenden aus einem Malaria-Endemiegebiet, unabhängig von der Symptomatik, Malaria in die Differentialdiagnose mit einbezogen werden muss.
Die Referentin erinnerte an die Aetiologien von Reiserückkehrenden mit Fieber, z.B. gemäss einer Studie durch Bottieau (Arch Int Med 2006) mit zu 45% tropischen Erkrankungen, insgesamt 31% Malaria und zeigte auch eigene Daten (Rossi 2011, eingereicht) mit zu 22% tropischen Erkrankungen, 10% Malaria, 4% „typhoid fever“, 4% Dengue, 3% Rickettsiosen. Ähnlich wie die grosse belgische, tropenmedizinische Datenbank „Kabisa“ bietet auch die Universität Lausanne eine elektronische Entscheidungshilfe betreffend möglicher Differentialdiagnosen bei Rückkehrenden aus den Tropen an. Beispielsweise ergibt sich schon nur anhand der Reisedaten und des Symptombeginns im Abgleich mit Inkubationszeiten verschiedener Erkrankungen eine erste Selektion möglicher Entitäten (www.fevertravel.ch, Fassung 2005, Neufassung in Bearbeitung).
Kommt aetiologisch eine M. falciparum in Frage, ist insbesondere bei Patienten ohne Teil-Immunität (also Touristen ohne Migrationshintergrund oder Reisende mit Migrationshintergrund aus einem Endemiegebiet und schon längerem Aufenthalt ausserhalb eines Endemiegebiets) eine rasche Entscheidung darüber notwendig, wie wahrscheinlich eine Malaria vorliegen könnte, damit zeitgerechte therapeutische Schritte eingeleitet werden können. Damit sollen schwere, potentiell letale Verläufe möglichst früh abgewendet werden.
Bereits mit klinischen Prädiktoren wie z.B. inadäquate Einnahme einer Malariaprophylaxe, Höhe des Fiebers, fehlender Leukozytose kann eine Vortestwahrscheinlichkeit berechnet werden (D’Acremont V., Am J Trop Med Hyg 2002;66(5)).
Wie gut sind die aktuell verfügbaren, labordiagnostischen Methoden? Wie gut ist der vermeintliche Goldstandard der Ausstrich-Mikroskopie (inkl. „dicker Tropfen“ )? Sind die verfügbaren Schnelltests genügend sensitiv? Stauffer et al. (CID 2009:49) untersuchten multizentrisch prospektiv das Blut von 852 Reiserückkehrenden. Ausstrichdiagnostik und Schnelltest (RDT=rapid diagnostic test) wurden im Vergleich zu PCR-Untersuchungen gewertet. Hierbei ergab sich bei11% der Rückkehrenden (n=95) ein positiver PCR-Befund. 80 Fälle wurden sowohl durch die Ausstrichsdiagnostik wie durch den RDT detektiert. Der RDT vermochte zusätzlich 12 und der Ausstrich zusätzlich 1 pos. Resultat zu identifizieren. Zusätzlich dazu identifizierte die PCR-Methode 2 weitere Resultate. Der RDT detektierte 8 Proben als falsch-positiv (s. Abb. rechts) Somit resultierten für den RDT overall eine Sensitivität von 97% und für den Ausstrich 85%. Beide Methoden verpassten mehrheitlich Fälle von Nicht-Falciparum Malaria (Sensitivität RDT für M. falciparum 100%, Ausstrich 88%). Der negative prädiktive Wert für den RDT betrug 99.6% vs. 98.2% beim Ausstrich (p=0.003).
Die guten Resultate von RDT wurden auch durch andere Autoren bestätigt (Ochola, Lancet Infect Dis 2006 und Marx, Ann int Med 2005 (Metaanalyse), Lausanner Gruppe, Daten eingereicht), wobei die obengenannten Daten sich auf die Tests der neueren Generation (Antigen HRP2) beziehen (ältere Testgenerationen schneiden etwas schlechter ab).
Es muss allerdings nachdrücklich erwähnt werden, dass die Resultate für ein Kollektiv von Reiserückkehrenden mit insgesamt eher tiefgradigen Parasitämien gilt (was auch die hohe falsch-negative Rate mittels mikroskopischer Beurteilung erklärt). Schnelltests der neueren Generation zeigen gemäss einer kürzlich publizierten Studie durch Gillet Ph et al. (Malaria J 2011;10) in einem Hochendemiegebiet mit Parasitämien >4% eine hohe Rate an falsch-negativen RDTs (6.7 – 38.2%). Dies ist aufgrund des bekannten (von der Referentin nicht erwähnten) „Prozone“-Effekts im Sinne eines deutlichen Ungleichgewichts von Antigen und Antikörper (Testresultat mit fehlender oder schwach ausgebildeteter positiver Testmarke, unter 10-facher Verdünnung (mit NaCl) positiv werdend).Interessanterweise zeigte sich mittels RDT der älteren Generation (Antigen Pf-pLDH) kein einziges Prozone-Phänomen!
Die Referentin zeigte den im Universitätsspital Lausanne durchgeführten Algorhythmus bei Reiserückkehrenden mit Fieber zum Zeitpunkt des nicht routinemässig vorhandenen Labors im Hause (nachts): Beurteilt werden Klinik (Prädiktoren, s.o.) und der RDT. Besteht eine niedrige Vortestwahrscheinlichkeit und fehlen Zeichen einer schwergradigen Malaria (sog. "danger signs") wie z.B. ein Verwirrtheitszustand oder eine Thrombozytopenie <100G/l wird bei negativer RDT die Mikroskopie am folgenden Tag durchgeführt und der Patient nicht gegen Malaria behandelt. Falls aber das eine oder das andere Kriterium (RDT oder "danger signs") positiv ist, wird unmittelbar mit der Behandlung begonnen. Im Falle von „danger signs“ wird innerhalb von 3 h eine notfallmässige Mikroskopie (mit Frage nach Ausmass der Parasitämie) durchgeführt. Mit einem solchen Algorhythmus konnte retrospektiv eine Ersparnis bis zum Therapiebeginn von 2.1 h gezeigt werden (Rossi 2011, eingereicht). Abschliessend bemerkte die Referentin, dass es natürlich keinen global besten (Labor-) Test gibt, aber vermutlich der PCR zum Goldstandard avancieren wird.