HIV-assoziiierte Immunaktivierung trotz (oder wegen) HAART?
Stephen Deeks gab eine konzisen Überblick über den Wissenstand der Immunaktivierung unter HAART und deren Ursachen. Die weiteren Präsentationen von Jens Lundgren, Georg Behrends und Peter Hunt ergänzten die einführenden Ausführung mit der beispielhaften Darstellung der klinisch relevanten Konsequenzen persistierende Immunaktivierung selbst in Patienten mit vollständig supprimierter Viruslast unter HAART.
Deeks hob in seiner Präsentation als erstes hervor, dass die meisten Daten Assoziationen aufzeigen und keine definitive Konklusion zulassen. Gesichert erscheint aus vergleichenden aber auch longitudinalen Studien, dass der Aktivierungszustand der T-Zellen (v.a. CD4, aber auch CD8; gemessen als deren ex
Die entscheidende Frage bei Patienten unter HAART ist nun, warum der Aktivierungszustand trotz nicht nachweisbarer Viruslast erhöht bleibt. Es sind viele Mechanismen postuliert worden, welche schlussendlich in der klinischen Praxis wahrscheinlich in jedem HIV-Patienten individuell unterschiedlich zusammenspielen und zur Aktivierung des Immunsystems beitragen:
1.) Postuliert wurde, dass eine subklinische HIV-Replikation allenfalls zu der persistierenden Immunaktivierung beitragen könnte. Die Datenlage ist diesbezüglich aber noch inkonklusiv. Eine HAART-Intensivierung mit Raltegravir (RAL) führte z.B. nicht zu einem Abfallen der Aktivierungsmarker im grossen Kollektiv, was eher dafür spricht, dass die HIV-Replikation eine kleiner Rolle spielen könnte (Hatano et al. CID 2011). Eine andere Gruppe konnte aber ebenfalls unter einer RAL-intensivierten HAART zeigen, dass Patienten, welche eine tiefe Anzahl episomaler HIV-cDNAs aufwiesen (einer tiefen residuellen HIV-Replikation entsprechend) eine Reduktion des CD8-Zell Aktivierungszustandes aufwiesen (Buzon et al., Nat Med 2011).
Auch die HIV RNA/pro-DNA Ratio in GALT (gut-associated lymphoid tissue) zeigt eine klare Assoziation mit der Immunaktivierung (CD38/HLA-DR) bzw. Immundysfunktion (PD1), was dafür spricht, dass eine persitierende low-level Virusreplikation durchaus zu der Persistenz der Immunaktivierung unter HAART beitragen könnte(Hatano et al., WELBA01).
2.) die Translokation mikrobieller Elemente im GIT wurde ebenfalls als Quelle der Immunaktivierung postuliert. LPS (als Mass der Translokation) im Blut von HAART-Patienten ist denn auch erhöht messbar (u.a. Brenchley et al., Nat Med 2006). sCD14 (als Marker der Monozyten-/Makrophgagenaktivierung durch LPS) ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (Sandler et al., JID 2011). Hier stellt sich jedoch die Frage nach dem Huhn und dem Ei: ist die Translokation Folge oder Ursache der Immunaktivierung?
3.) Eine chronische CMV-Infektion spielt ebenfalls eine Rolle. HIV+-Patienten unter HAART zeigen teils eine sehr hohe Anzahl CMV-spezifischer T-Zellen, was wiederum mit einer erhöhten Rate an CVD assoziiert ist (Naeger et al. PLoS ONE 2009; Hsue et al., AIDS 2006).
4.) Weiter scheint der Inflammationszustand zu einer Lymphknotenfibrosierung über die Zeit beizutragen, was wiederum die T-Zell-Regeneration beeinflusst und wiederum den Inflammationszustand unterhält (Zeng et al., JCI).
5.) Auch die HAART selbst hat möglicherweise eine negativen Einfluss auf die Immunaktivirung. NRTI’s sind assoziert mit einer Telomeraseverkürzung (durch die Inhibierung der Telomerase) und dadurch direkt mit einem verkürzten Zellüberleben.
Die nachfolgenden Referenten ergänzten den einleitenden Vortrag und stellten die Erkenntnisse in einen klinischen Kontext. Alle Referenten wiesen jedoch auch klar darauf hin, dass zurzeit keiner der multiplen Marker eine klinisch relevante Aussage zu machen vermag. Dennoch ist gerade im Kontext der Forschungsbestrebungen notwendig, denn Mechanismen der persistierenden Immunaktivierung und dessen Konsequenzen auf das Überleben der HIV+-Patienten unter HAART, aber auch im Kontext zukünftiger Therapiestrategien, welche eine HIV-Heilung anstreben, besondere Beachtung zu schenken.
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