HCV-Therapie: Neuer Prognostischer Marker

Patienten mit höheren LDL Cholesterinwerten sprechen besser auf die HCV Therapie an. HCV benutzt den LDL-Rezeptor, um in die Zelle einzudringen. Denkbar also, dass der LDL-Genotyp das Ansprechen auf die HCV-Therapie beeinflusst.

Studie bei HIV/HCV Koinfektion
Bei 184 HCV-therapienaiven HIV-HCV-koinfizierten Patienten mit chronischer Hepatitis C (ausnahmslos Europäer/Kaukasier, medianes Alter: 42 Jahre, 85% Männer, 90% IDUs (intravenous drug users), ca. 50% HCV-Genotyp 1 und 1/3 HCV-Genotyp 3, 90% unter ART (antiretroviraler Therapie), 75% HIV-RNA<50 Kopien/ml, mediane CD4-Zellzahl 500/ul), welche zwischen Oktober 2001 und Februar 2009 an zwei Spanischen Universitätskliniken gemäss internationaler Empfehlungen mit Pegyliertem Interferon (Peg-IFN) und Ribavirin (RBV) behandelt worden waren, wurden mittels PCR LDL-Rezeptor-Genotyp (single nucleotide polymorphism (SNP) rs14158) und IL28B-Genotyp (SNP rs12979860) bestimmt.

Insgesamt 89 der 184 Patienten (48%) erreichten eine SVR (sustained virological response = 6 Monate nach Therapieende nicht nachweisbare HCV-RNA = anhaltendes Therapieansprechen). Aufgeschlüsselt nach HCV-Genotyp betrugen die SVR-Raten 31% (30/97) für Genotyp 1, 100% (1/1) für Genotyp 2, 80% (48/60) für Genotyp 3 und 38% (10/26) für Genotyp 4.

78 Patienten (42%) hatten den günstigen IL28B (rs12979860)-Genotyp CC, während bei 83 (45%) TC und bei 23 (12%) TT vorlag. (IL28B kodiert für das antivirale Zytokin Interferon Lambda.)

Bezüglich LDL-Rezeptor (rs 14158)-Genotyp war die Verteilung wie folgt: 111 (60%) Patienten mit CC, 68 (37%) TC und 5 (3%) TT.

55% (61/111) der Patienten mit LDL-Rezeptor-Genotyp CC verglichen mit nur 38% (28/73) der Patienten mit LDL-Rezeptor-Genotyp TC oder TT erreichten eine SVR (p=0,028). Signifikant war der Unterschied allerdings nur für HCV-Genotyp 1 und 4 mit 41% versus 20% (p=0,020). Die SVR-Raten bezüglich HCV-Genotyp 2 und 3 waren mit 84% für LDL-Rezeptor-Genotyp CC und 75% für LDL-Rezeptor-Genotyp TC oder TT nicht signifikant verschieden (p=0,513).

LDL-Rezeptor-Genotyp CC-Patienten hatten im Vergleich zu solchen mit Genotyp TC oder TT signifikant höhere LDL- und Gesamt-Cholesterin-Werte im Plasma (88 versus 75 mg/dL (p=0,023) bzw. 168 versus 151 mg/dL (p=0,002)), signifikant seltener eine HCV-RNA >=600.000 U/ml (57 versus 71% (p=0,047) und ebenfalls signifikant seltener einen Relapse (13% versus 30% (p=0,028)).

Neben dem HCV- und LDL-Rezeptor-Genotyp waren in der univariaten Analyse noch folgende Faktoren mit dem Erreichen einer SVR assoziiert:
IL28B (rs12979860)-Genotyp: 64% SVR bei CC versus 37% bei TC oder TT (p<0,001),
HCV-RNA bei Therapiebeginn: 62% SVR bei HCV-RNA <=600.000 U/ml versus 40% bei HCV-RNA>600.000 U/ml (p=0,018) und
gleichzeitige Abacavir-Therapie: 24% SVR versus 53% ohne Abacavir (p=0,004).

In der multivariaten Analyse zeigten sich die folgenden Faktoren als Prädiktoren für eine SVR:
HCV-Genotyp 2 oder 3: AOR (adjusted odds ratio) 10,58 (95% CI: 4,31-25,99; p<0,001),
IL28B (rs12979860)-Genotyp CC: AOR  3,50 (95%-CI: 1,59-7,71; p=0,002),
HCV-RNA <=600.000 U/ml: AOR 2,65 (95%-CI: 1,18-5,95); p=0,018),
LDL-Rezeptor (rs 14158)-Genotyp CC: AOR 2,70 (95%-CI: 1,59-7,71; p=0,015) und
keine begleitende Abacavir-Therapie: AOR 4,44 (95%-CI: 1,31-15,05); p=0,017).

Somit war der positive Einfluss auf die SVR beim LDL-Rezeptor-Genotyp CC etwas schwächer ausgeprägt als beim IL28B-Genotyp CC.

Bei Patienten mit HCV-Genotyp 1 oder 4 lagen die SVR-Raten in Abhängigkeit von der Kombination der IL28B-/LDL-Rezeptor-Genotypen bei 69% (18/26) für CC/CC, 30% für CC-/non-CC, 25% für non-CC/CC und 14% (4/29) für non-CC/non-CC (p<0,001), was für einen synergistischen Effekt von IL28B- und LDL-Rezeptor-Genotyp spricht. (vgl. Graphik)

Der LDL-Rezeptor-Genotyp hat kaum einen Einfluss auf das frühe virologische Ansprechen, was darin zum Ausdruck kommt, dass sich die EVR-Rate (EVR = early virological response = HCV-RNA-Abfall >= 2 log U/ml bei Therapiewoche 12) bei Patienten mit LDL-Rezeptor-CC-Genotyp und -non-CC-Genotyp nicht signifikant unterscheidet (72% versus 67%, p=0,473). Dagegen war im Falle einer EOTR (end of treatment response = HCV-RNA bei Therapieende nicht nachweisbar) die Relapse-Rate bei Patienten mit LDL-Rezeptor-Genotyp TC oder TT mehr als doppelt so hoch wie bei denen mit LDL-Rezeptor-Genotyp CC (30% versus 13%, p=0,028).

Demgegenüber hat IL28B einen starken Einfluss auf das frühe virologische Ansprechen und keinen Effekt auf die Relapse-Rate, was erklären könnte, warum sich der prädiktive Wert beider Genotypen ergänzt.

Der rs14158 SNP (single nucleotide polymorphism) befindet sich in der 3′-UTR (untranslated region) des LDL-Rezeptor-Gens, welche die Stabilität der mRNA bestimmt. Der  rs14158-Genotyp CC könnte zu einer verkürzten Halbwertszeit der LDL-Rezeptor-mRNA und somit zu einer verringerten Produktion des LDL-Rezeptor-Proteins führen. LDL kann folglich weniger gut in die Zelle aufgenommen werden und akkumuliert im Plasma. Da der LDL-Rezeptor gleichzeitig auch ein HCV-Rezeptor ist, kann HCV weniger gut in die Zelle eindringen, was über eine Hemmung des HCV-Replikationszyklus eine geringere HCV-RNA im Plasma, eine verminderte Relapse- und entsprechend eine höhere SVR-Rate zur Folge hat.

Zusammenfassung/Conclusion:
– Der LDL-Rezeptor-Genotyp ist ein Prädiktor für das HCV-Therapieansprechen bei mit Peg-Interferon und Ribavirin behandelten HIV-HCV-koinfizierten Patienten, wobei vor allem Patienten mit erhöhtem Risiko, einen Relapse zu erleiden, identifiziert werden.
– Der LDL-Rezeptor-Genotyp hat somit einen komplementären Effekt zum IL28B-Genotyp (starker Einfluss auf das frühe virologische Ansprechen), was den prädiktiven Wert von IL28B bei Patienten mit HCV-Genotyp 1 und 4 verbessert.
– Patienten mit HCV-Genotyp 1 oder 4, welche sowohl für IL28B als auch für den LDL-Rezeptor einen non-CC-Genotyp tragen (etwa ein Viertel der hier untersuchten Patienten mit HCV-Genotyp 1 und 4) haben mit einer SVR-Rate von nur 14% im Vergleich zu denen mit CC/CC-Genotyp (SVR-Rate 69%) ein 5fach schlechteres Therapieansprechen. Bei ersteren erscheint es sinnvoll, unter engmaschigem Monitoring bzgl. Fibrose-Progression auf das Verfügbarwerden neuer Therapieoptionen (z.B. HCV-Proteasehemmer für Genotyp 1, HCV-Polymerasehemmer für Genotyp 4) zu warten, während bei letzteren angesichts des guten zu erwartenden Therapieansprechens die gegenwärtige Standardtherapie mit Peg-Interferon und Ribavirin ausreichen könnte.
– Schliesslich darf vor lauter Begeisterung für die Genotypisierungsmöglichkeiten vor Therapiebeginn der prädiktive Wert der on-treatment-response (z.B. RVR = rapid virological response = nicht nachweisbare HCV-RNA bei Therapiewoche 4), welche auch die Grundlage für die response-guided therapy (Festlegung der Therapiedauer in Abhängigkeit von der Schnelligkeit des virologischen Ansprechens) bildet, nicht unterschätzt werden.

Quelle: Pineda JA et al., AIDS 2010;25