Boceprevir-Interaktionen – Ein weites Feld

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Klinische Pharmakologie von Boceprevir: Metabolismus, Exkretion und Medikamenteninteraktionen (Edward O`Mara)

Die empfohlene Dosierung für den HCV-Proteasehemmer Boceprevir ist 3x tgl. 800mg p.o. mit dem Essen. Die Ausscheidung erfolgt zu 9% mit dem Urin und zu fast 80% mit dem Stuhl. Es wird also vorwiegend hepatisch metabolisiert. Boceprevir ist gleichzeitig Substrat und Inhibitor von CYP3A4/5.
Die AUC (area under the curve) für Midazolam (Dormicum®) (CYP3A4-Substrat) wird durch Boceprevir auf das 5fache erhöht. Dagegen wird durch Ketaconazol (CYP3A4-Inhibitor) die AUC für Boceprevir mehr als verdoppelt. Ritonavir und Clarithromycin (CYP3A4-Inhibitoren) hatte keinen wesentlichen Einfluss auf die AUC von Boceprevir.
Bei der gleichzeitigen Verabreichung von Boceprevir mit Peg-IFN oder Tenofovir ist keine Dosisanpassung nötig. Dagegen vermindert sich der Tal-Spiegel von Boceprevir auf die Hälfte, wenn gleichzeitig Efavirenz gegeben wird. Bei der Ko-Administration von Boceprevir mit Drospirenon/Ethinyl-Estradiol ist mit keiner Einbusse der kontrazeptiven Wirkung zu rechnen.
Interaktionen zwischen HIV-Medikamenten und dem HCV-Proteasehemmer Telaprevir (TVR) (Rudolph van Heeswijk)
Der HCV-Proteasehemmer Telaprevir (TVR) ist Substrat und Inhibitor von CYP3A, womit Interaktionen sowohl mit HIV-Proteasehemmern als auch NNRTI zu erwarten sind. Die empfohlene Dosis beträgt 3x tgl. 750mg p.o. Die Interaktionen zwischen Telaprevir und verschiedenen HIV-Proteasehemmern wurden an gesunden Freiwilligen untersucht.
Der Einfluss der antiretroviralen Therapien auf die AUC von Telaprevir ist wie folgt:
  1. 2x tgl. Lopinavir/Ritonavir (400/100mg): Reduktion um 54%,
  2. 1x tgl. Atazanavir/Ritonavir (300/100mg): Reduktion um 20%,
  3. 2x tgl. Darunavir/Ritonavir (600/100mg): Reduktion um 35%,
  4. 2x tgl. Fosamprenavir/Ritonavir (700/100mg): Reduktion um 32%.
 
(Abb links: Einfluss ART auf TVR)
 
Umgekehrt wird die AUC für Lopinavir/Ritonavir durch Telaprevir nicht und die für Atazanavir/Ritonavir lediglich um +17% geändert. Dagegen senkt Telaprevir die AUC für Darunavir/Ritonavir um 40% und die von Fosamprenavir sogar um 47%, was klinisch relevant sein könnte. Allenfalls müsste in solchen Fällen vor Beginn der HCV-Therapie eine Umstellung der antiretroviralen Therapie erwogen werden.
 
 
(Abb. unten: Einfluss von TVR auf ART)
 
In einer früheren Interaktionsstudie führte die gleichzeitige Verabreichung von 3x tgl. 750mg Telaprevir mit 1x tgl. Efavirenz 600mg zu einer Reduktion der Telaprevir-Spiegel (AUC um 20%, Tal-Spiegel um ca. 50%). Bei gleichzeitiger Einnahme von Tenofovir und Telaprevir blieb der Telaprevir-Spiegel unverändert, wohingegen die Tenofovir-Exposition um 30% zunahm. Mit einer Dosis-Steigerung von Telaprevir auf 3x tgl. 1125mg konnte die Absenkung des Telaprevir-Talspiegels unter Efavirenz-Einnahme teilweise kompensiert werden, ohne dass sich dabei die Efavirenz- und Tenofovir-Exposition wesentlich änderte.
 
Basierend auf diesen Resultaten wurde bei HIV-HCV-Koinfizierten eine Pilotstudie gestartet, mit 1x tgl. 300/100mg Atazanavir/Ritonavir + 3x tgl. 750mg Telaprevir oder 1x tgl. Efavirenz 600mg + 3x 1125mg Telaprevir (jeweils mit Peg-IFN und RBV). Zwischenresultate werden in der Latebreaker-Session von Sulkowski et al. präsentiert (Abstract-Nr. 146LB).