Blutkrebs

Zurück zur Inhaltsübersicht: Kongressbericht Boston 2011Hematologic Malignancies

Ein wichtiges Thema – denn Krebs ist die häufigste Todesursache bei HIV-Patienten in der ART-Ära. Weiter wird in der Einführung darauf hingewiesen, dass die meisten AIDS-assoziierten Malignome durch onkogene Viren mit verursacht werden (Kaposi: HHV8, ZNS-Lymphom: EBV, Zervixkarzinom: HPV).

Screening?
Maria Paola Trotta aus Rom untersuchte den prognostischen Wert von „Serum-free Light Chains“ (sFLC) in Bezug auf HIV-assoziierte Lymphome. Sie konnte zeigen, dass drei Jahre vor Diagnosestellung Personen mit HIV-Lymphomen eher erhöhte sFLC hatten als HIV-Infizierte, die kein Lymphom entwickelten. Für die Zukunft wird sich nach Validation in einer prospektiven Studie die Frage nach der Pathogenese dieser sFLC-Erhöhung stellen. Weiter würde der Wert als Screeninginstrument resp. zur Verlaufskontrolle interessieren – und nach dem Screening stellt sich natürlich die Frage nach der Möglichkeit früher Interventionen.
 
Therapie?
Christian Hoffmann aus Hamburg präsentierte eine retrospektive Studie über die Behandlung von multizentrischer Castleman-Krankheit (Multicentric Castleman Disease: MCD) mit und ohne Rituximab. Es wurden 52 Patienten mit oder ohne Rituximab im Therapieschema untersucht.
 
Das klinische Outcome und Überleben mit Rituximab war deutlich besser. Es wird der Schluss gezogen, dass Erstlinientherapien Rituximab beinhalten sollten.
 
Rituximab ist ein monoklonaler Antikörper gegen CD20-Zellen. Es ist interessant, dass Rituximab so gut wirkt, obwohl beim multizentrischen Castleman kaum CD20-Rezeptoren exprimiert werden. Die Wirkungsweise ist also noch unklar.
Eine Schwäche der Untersuchung ist, dass die Daten der 52 Patienten aus 13 aufeinanderfolgenden Jahren stammen. So kann man sich vorstellen, dass andere Faktoren den Behandlungserfolg über die Zeit beeinflusst haben („confounding factors“ wie z.B. die antiretrovirale Therapie) und dass dieser nicht alleine dem Rituximab zuzuschreiben ist.
Bei dieser sehr seltenen Erkrankung ist es allerdings schwierig, dies besser zu machen.
 
Pathogenese?
Mark Kaplan zeigte in einer sehr interessanten Präsentation die Assoziation von humanen endogenen Retroviren HK2 (HERVs) mit HIV-Lymphomen. Endogene Retroviren sind folgendermassen entstanden: In der Evolutionsgeschichte wurden und werden immer wieder Genome von Retroviren ins menschliche Genom (resp. ins Genom des betreffenden Lebewesens) integriert und werden somit Teil davon. Bei Aktivierung dieses ursprünglich retroviralen Genoms kann es zu Virämie der betreffenden Viren (mit unbekanntem Krankheitswert) kommen.
Patienten mit HIV-Lymphomen haben hohe Virusmengen von HK2 mit einem Anstieg vor Diagnosestellung im Blut. Ob dies eine pathogenetische Rolle spielt oder ob es sich um eine Assoziation handelt muss Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.