Verminderte Rate an Ventilator assoziierten Pneumonien dank „bundle“ Massnahmen

Ventilator assoziierte Pneumonien (VAP) machen den grössten Anteil nosokmialer Infektionen auf der Intensivstation aus. Mittels eines Massnahmebündels kann die Rate deutlich gesenkt werden.

Hintergrund:
Das Konzept der Durchführung von Massnahmebündeln ("bundle") besteht bereits auf dem Gebiet der Händehygiene und der Katheterinfektionen und nur erst wenig bei VAP. Es steht die Idee dahinter, dass ein präventives Massnahmepaket (bestehend aus Schulung, technischer Handlungsanweisungen, Erfassung und feedback) die Infektionsrate deutlich mehr zu beeinflussen vermag als der Versuch der Minimierung eines einzelnen (beeinflussbaren) Risikofaktors.

Studiendesign:
Die Autoren definierten die VAP als Pneumonie mit radiologischem Infiltrat und einem der folgenden Zeichen: purulente Trachealsekretion, >38.3°C, Leuk >10G/l und zudem eine mittels bronchoalveolärer Lavage gewonnenen pos. quantitativen Keim-Kultur, dies ab 48h der Hospitalisation. In einer ersten Phase (2002-2005) wurden Daten betreffend beatmeter Patienten fortlaufend erfasst ("surveillance"), die 2. Phase (2006-2008, 30 Monate) beinhaltete die Surveillance unter Intervention ("prevention program"). Die Intervention umfasste ein Schulungsprogramm des involvierten Personals mit Fokussierung auf 8 präventive Massnahmen: Händehygiene / Standardmassnahmen, Lagerung (halb aufrecht), Tubusdruck (>20cm), Verwendung einer orogastrischen Sonde (statt nasogastrisch), Vermeidung von Magendistension, Munddekontaminierung (mit 0.12% Chlorhexidine mind. 4x/d), Minimierung von Absaugen (Vermeidung unnötigen Absaugens).

Resultate:
Erfasst wurden während der gesamten Studienzeit 23780 Ventilatortage, hiervon 856 Eintritte während der ersten und 835 Eintritte während der 2. Phase. Die Patienten der Interventionsgruppe waren tendenziell etwas kränker. Median dauerte die Beatmungsphase in beiden Gruppen 7 Tage lang. Es resultierten 432 VAP, hiervon 270 während der 1. Phase und 142 während der Interventionsphase. Es resultierte eine VAP-Rate von 22.6 (270 VAP/11970 Beatmungstage) vor und eine Rate von 13.1 (142/10806) während der Intervention (p<0.001). Die häufigsten kultivierten Mikroorganismen waren Pseudomonas und staph. aureus. Die Rate an VAP zeigte einen deutlichen Unterschied in beiden Gruppen bei einer Beatmung bis zu 5 Tagen (4.9 vs. 0.8%) oder darüber hinaus (22.5 vs. 16.2%). Mittels Regressionsanalyse fand sich während der ersten Studienphase ein nicht signifikanter Anstieg von VAP über die Zeit, während der Interventionsphase zeigte sich ein signifikanter Rückgang! Letztendlich führte die Intervention zu einer Regredienz der Inzidenzrate um 43% (Ermittlung mittels Cox-Analyse und auch nach Korrektur für "confounders").

 

Die Compliance von Händehygiene (68%) und restlichen Standardmassnahmen (Handschuhe, Schürze, 80%) veränderten sich während der Intervention nicht, die restlichen Massnahmen erfuhren durchwegs eine bessere Umsetzung (Beispiel Lagerung: Steigerung von 5% auf 58%).

Konklusion:
Die Autoren merken in der Diskussion an, dass die baseline-VAP-Rate i. Vgl. zu publizierten Daten von NHSN und KISS (aus unterschiedlichen Gründen) deutlich höher ist (die mediane VAP-Rate französischer ICU’s beträgt 16.4 Fälle/1000 Ventilatortage, die baseline-VAP-Rate der aktuellen Studie bewegt sich hierbei in der 75-er-Perzentile) und damit auch erklärbar sein könnte, dass der Effekt der Intervention so hoch ausfiel. Das Fehlen einer Kontrollgruppe, die doch immer noch "weiche" Definition einer VAP trotz quantitativer Kulturen und grundsätzlich mögliche unterschiedliche Krankheitsmanifestation (Pneumonie) aufgrund sich ändernder Prävalenz von Keimen über die Zeit sind weitere Faktoren, die das Studienresultat möglicherweise beschönigen. Auf der anderen Seite spiegelt die Vorgehensweise der Autoren eine pragmatische, zeitaufwändige Vorgehensweise aus spitalhygienischer Sicht mit Erfolg wieder und vielleicht könnte  die Interventions-Rate unter Einschluss weiterer Parameter wie Wheening-Protokoll etc. noch weiter gesenkt werden.

Quelle: Bouadma L et al., CID 2010;51(10):1115-22