Besseres HCV-Therapie-Ansprechen unter gleichzeitiger Insulinresistenz-Behandlung mit Metformin?

Das Vorliegen einer Insulinresistenz schmälert den Erfolg einer HCV-Therapie. Beim Typ 2-Diabetiker lässt sich die Insulinresistenz mit Metformin behandeln. Was liegt also näher, als die HCV-Therapie um dieses Medikament zu ergänzen?

In einer prospektiven, multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie an 19 Spanischen Spitälern untersuchten Romero-Gómez et al., ob die Zugabe von Metformin zur antiviralen Standardbehandlung mit pegyliertem Interferon und Ribavirin das HCV-Therapieansprechen verbessert.

Studiendesign:

123 konsekutive therapie-naive Patienten mit Hepatitis C Genotyp 1 (>6 Monate nachweisbare HCV-RNA, erhöhte GPT (ALAT), HIV und HBs-Ag negativ) und Insulinresistenz (HOMA-Index >2; HOMA = homeostasis model assessment = nüchtern-Plasma-Glucose (mmol/l) x nüchtern-Plasma-Insulin (mU/l) / 22.5, jedoch kein Diabetes) wurden auf 2 Therapie-Arme randomisiert. 59 Patienten im Arm A erhielten Metformin (1. Monat: 3x 425mg, Woche 4-48: 3x 850mg) und 64 Patienten im Arm B Placebo zusätzlich zur 48wöchigen Standardbehandlung mit Peg-Interferon alpha-2a (180 ug/Woche) und Ribavirin (1000-1200 mg/Tag). Alle 3 Medikamente durften in der Dosierung schrittweise reduziert werden, um klinisch relevante Nebenwirkungen oder Labor-Abnormalitäten zu managen.

Primärer Endpunkt war die SVR (sustained virological response = 6 Monate nach Therapieende HCV-RNA nicht nachweisbar). Sekundäre Endpunkte waren die virale Clearance nach 12, 24 und 48 Wochen sowie eine Veränderung des HOMA-Index innerhalb der ersten 24 Wochen.

Resultate:

Bezüglich Baseline-Charakteristika wiesen die beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede auf.

In der Intention-to-treat (ITT)-Analyse (n=123) war die SVR-Rate im Metformin-Arm mit 53% (31/59) ca. 10% höher als im Placebo-Arm mit 42% (27/64). Der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Auch in der Per-Protocol-Analyse (PPA) (n=101, Gründe für Ausschluss: <80% Dosis bzw. Dauer von Peg-Interferon (n=9) und Ribavirin (n=4), im Durchschnitt täglich <50% der vorgesehenen Metformin-Dosis, d.h. <1275mg (n=9)) wurde das Signifikanzniveau mit einem p von 0.06 knapp verfehlt (SVR-Rate 67% (31/46) mit und 49% (27/55) ohne Metformin). Die Autoren machen hierfür eine ungenügende Power ihrer Studie verantwortlich (falsche Annahme in der Sample Size-Calculation).

In der Subgruppenanalyse der 54 Frauen erzielten diejenigen mit Metformin eine signifikant höhere SVR-Rate (15/26 = 58%) als diejenigen ohne Metformin (8/28 = 29%) (p=0.03). Auch der Abfall der Viruslast während den ersten 12 Wochen war bei den mit Metformin behandelten Frauen mit -4.88 (+/-1.18) versus -4.0 (+/-1.44) signifikant grösser (p=0.021). Bei den Männern konnte ein solcher Unterschied dagegen nicht gefunden werden.

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55% der Patienten erreichten nach 24wöchiger Metformin-Behandlung eine verbesserte Insulinresistenz mit HOMA <2 (verglichen mit 14% im Placebo-Arm), was mit der Wahrscheinlichkeit, eine SVR zu erreichen, korrelierte (19/28 (68%) bei HOMA-Index <2 versus 25/56 (45%) bei HOMA-Index >2 (p=0.05)).  Im Metformin-Arm sank der HOMA-Index von durchschnittlich 4.3 (+/-2.2) auf 2.6 (+/-1.7) und im Placebo-Arm von 4.6 (+/- 2.7) auf 3.8 (+/- 2.1) (P=0.001). Betreffend Gewichtsverlust gab es zwischen beiden Armen keinen Unterschied, und das Ausmass des Gewichtsverlusts hatte keinen Einfluss auf die SVR-Rate.

Die Triple-Therapie bestehend aus Metformin, pegyliertem Interferon und Ribavirin wurde gut toleriert, wobei Diarrhoe im Metformin-Arm mit 34% versus 11% (bei Placebo) signifikant häufiger auftrat, jedoch nicht zum Studienabbruch führte. Regelmässige Messungen des Laktat-Spiegels zeigten bei keinem der Patienten eine Hyperlaktatämie oder Laktatazidose.

Conclusion:

Die Zugabe von Metformin zur HCV-Standardtherapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin ist sicher und bewirkt bei HCV-Genotyp 1-Patienten mit Insulinresistenz eine Reduktion derselben. Die SVR-Rate ist bei Metformin-Behandlung einer zu Therapiebeginn bestehenden Insulinresistenz tendentiell besser. Ein signifikant besseres Therapieansprechen konnte jedoch nur in der Subgruppenanalyse der Frauen dokumentiert werden (weniger virological breakthrough als unter Placebo, bzgl. Woche 24-Ansprechen und Relapse-Rate dagegen kein Unterschied). Entsprechend sind Studien mit grösseren Patientenzahlen (mehr Power) nötig, bevor bei Vorliegen einer Insulinresistenz die Zugabe von Metformin zur HCV-Standardtherapie evidenzbasiert generell empfohlen werden kann.

Pathophysiologischer Exkurs bezüglich HCV und Insulinresistenz:

Man geht davon aus, dass das Auftreten einer Insulinresistenz durch das Hepatitis C-Virus selbst begünstigt wird. Nach Clearance des Virus verbessert sich die Insulinresistenz und begleitend sinkt das Risiko für Glucose-Abnormalitäten und Diabetes (Romero-Gómez, Gastroenterology 2005; Romero-Gómez, J Hepatol 2008; Sheikh, Hepatology 2008).

HCV-Proteine führen zur Insulinresistenz, indem sie über verschiedene, Genotyp-spezifische Mechanismen (oxidativer Stress, PPAR-Herunterregulation, verstärkte TNF-Produktion) die Degradation von Insulin-Rezeptor-Substrat 1 bewirken (Pazienza, Hepatology 2007). Transgene Mäuse, welche HCV coreProtein exprimieren, entwickelten Insulinresistenz und Steatose (Shintani, Gastroenterology 2004). Und die vom Virus unterhaltene Insulinresistenz und Steatose scheint mit einer Verbesserung der „viral fitness“ assoziiert zu sein (Boulant, J Gen Virol 2007).

Metformin ist ein orales Biguanid, welches die Blutglukose und Insulinsekretion senkt (damit Reduktion von Insulinresistenz bzw. HOMA-Index) und das Lipidprofil verbessert, hauptsächlich durch Suppression der hepatischen Glucose-Freisetzung und Steigerung der Glucose-Aufnahme in die Skelettmuskulatur.

Pioglitazon ist ein weiterer Insulin-Sensitizer, welcher als PPAR-y (PPAR = peroxisome proliferator-activated receptor)-Agonist nicht direkt an der Leber, sondern am peripheren Metabolismus ansetzt.

Der Mechanismus, über den die HCV-induzierte Insulinresistenz vermittelt wird, scheint genotyp-spezifisch zu sein. Daraus liesse sich ableiten, dass auch die Insulinsensitizer in Abhängigkeit ihres Wirkmechanismus genotyp-spezifsich eingesetzt werden müssten. In der aktuellen Studie konnte die Insulinresistenz bei HCV-Genotyp 1-Patienten erfolgreich mit Metformin behandelt werden. Für den HCV-Genotyp 3 würden sich dagegen PPAR-y-Agonisten wie Pioglitazon anbieten, da die Insulinresistenz hier durch eine verminderte PPAR-y-Aktivität verursacht wird.

Auch für Pioglitazon in Kombination mit Peg-Interferon plus Ribavirin existieren an Theapie-naiven HCV-Genotyp 1-Patienten bereits einige Studien, welche eine Reduktion von Insulinresistenz und Steatose (Conjeevaram, Hepatology 2008 (Suppl.)) sowie einen rascheren Virusabfall in den ersten 4 Behandlungswochen und eine bessere „end-of-treatment response“ zeigen, nicht aber höhere SVR-Raten (Elgouhari, Hepatology 2008 (Suppl.)).

Quelle: Romero-Goméz et al., Hepatology 2009;50:1702-1708

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