H1N1-Impfung in der Schweiz: Zulassung von 2 Impfstoffen durch Swissmedic
Nun ist die Katze aus dem Sack: Swissmedic erteilt die Zulassung für 2 Impfstoffe zum Schutz gegen eine Infektion mit Influenza H1N1. Es sind dies Pandemrix (GSK) ab 18 Jahren und Focetria (Novartis) für Kinder ab 6 Monaten. Beide Impfstoffe enthalten ein Adjuvans. Ab dem 10. Lebensjahr reicht eine Dosis. Das Zulassungsverfahren für den dritten Impfstoff Celtura (Novartis) ist noch nicht abgeschlossen.
Die Pressemitteilung von Swissmedic finden Sie hier: Mitteilung
Pressekonferenz 30.10.09 in Bern
An der Pressekonferenz von heute wurden die Details insbesondere auch zu dem Ablauf und der Verfügbarkeit der Impfstoffe diskutiert. Beide Impfstoffe können in ca. einer Woche ausgeliefert werden, so dass mit einem Start der Impfungen in knapp 2 Wochen zu rechnen ist.
Gemäss Empfehlungen des BAGs soll die Impfung dann in 2 Wellen erfolgen.
1. Welle
Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf (siehe Dokument BAG) einer H1N1-Infektion und Mitarbeiter im Gesundheitswesen.
Im Abstand von ca. 14 Tagen soll dann die 2. Welle starten.
2. Welle
Alle Personen, die sich und Ihre Umbebung vor einer H1N1-Infektion schützen wollen.
Die allgemeinen Empfehlungen, welche Personen geimpft werden sollen, finden sich in den Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffagen (EKIF). Darüberhinaus wurde eine Webseite eingerichtet, die eine mögliche Impfempfehlung über einen Fragebogen prüft (Impf-Check) und es ist auch möglich, über eine Hotline (031 322 21 00) die persönliche Situation einschätzen zu lassen. Entscheiden über eine schlussendliche Impfung gegen H1N1 soll jedoch der betreuende Arzt.
Oh Adjuvans, oh Adjuvans: warum geht es nicht "ohne"?
Die Diskussion in Deutschland über Impfstoffe 1. und 2. Qualität ist aus dem Ruder gelaufen. Diese "Kakophonie" soll in der Schweiz unnötig sein. Es werden nur Impfstoffe mit einem das Immunsystem stimulierenden Adjuvans zugelassen, weil: Impstoff gespart werden kann (siehe auch nachstehend die Situation zu Focetria(R)) UND weil die Impfstoffe ohne Adjuvans z.B. bei Schwangeren gar nicht ausreichend gut untersucht sind UND zudem gemäss Aussagen des BAGs gesichert ist, dass auch der Immunschutz durch Impfungen mit Adjuvans gemäss vorliegenden Daten besser ist. Somit sprechen drei Gründe für den adjuventierten Impstoff und die Diskussion über Impfstoffe 1. und 2. Klasse erübrigen sich vollständig.
Situation hat einige Haken
Obwohl sich alle an der Zulassung und Erabeitung der Richtlinien für die Verabreichung Beteiligten Stellen aufeinander abgestimmt haben, d.h. viele Personen über alle Dimensionen der Impfung gegen H1N1 nachgedacht haben, hat die jetzige Situation einige Haken.
Der GSK Impfstoff Pandemrix ist NICHT für Kinder, Schwangere und Menschen über 60 Jahre zugelassen. Für letzteres Problem hat das BAG bereits eine Lösung erarbeitet, indem es den sogenannten "off-label-use" toleriert, ja sogar empfielt. Somit können auch Menschen über 60 mit dem GSK Impfstoff geimpft werden. Das das Zulassungsverfahren als "rolling submission" abgelaufen ist, behält sich Swissmedic vor, ggf. "Nachjustierungen" der Indikationen vorzunehmen.
Kritischer wird es mit der Empfehlung, Kinder bis 18 Jahre und Schwangere mit dem Impfstoff Focetria(R) zu impfen. Da nur 240’000 Impfungen verfügbar sind (Info BAG, über FMH) reicht dies nur für einen kleinen Teil der gut 1.6 Mio in der Schweiz lebenden Kinder und Schwangeren (Amt für Statistik). Berücksichtig man allerdings nur die Kinder mit klarer Indikation für eine Impfung gegen H1N1, sollte der Impfstoff wahrscheinlich ausreichen.
Entscheidung Swissmedic anders als EMEA und dennoch: Aussicht auf genügend Impfstoff für alle!
Die Europäische Zulassungsbehörde EMEA hat den GSK-Impfstoff auf für Kinder und Schwangere zugelassen. Wir gehen davon aus, dass Swissmedic die grössere Erfahrung mit dem in Focetria verwendeten Adjuvans stärker beurteilt hat. Aus immunologischer Sicht kann man zwischen den beiden Adjuvantien nicht wirklich einen Unterschied ausmachen. Sobald die entsprechenden Studien vorliegen (so die Zusicherung des BAG-Direktors, Prof. Zeltner), wird auh hier ggf. eine "Nachjustierung" notwendig sein. Wir sind also mindestens in dieser Richtung zuversichtlich.
Impfung vordringlich für Schwangere!
Aufgrund der aktuell eingeschränkten Verfügbarkeit von Impfstoff für Schwangere und Kinder, empfehlen wir, dass sich nun vorerst schwangere Frauen impfen lassen sollten und Kinder nur mit erhöhtem Risiko. Die klare Beschreibung welche Kinder ein erhöhtes Risiko haben fehlt allerdings. Über einige bisherige Daten aus den Vereinigten Staaten haben wir berichtet (siehe Mortalitätsdaten). Schwangere sind eindeutig vermehrt gefährdet. Kinder sind deutlich weniger gefährdet als Erwachsene im Alter zwischen 25-65 Jahren. In dieser Altersgruppe müssen wir die höchste Anzahl von Komplikationen und Todesfällen rechnen.
Insgesamt grossartiger Erfolg
Trotz der geschilderten Haken ist das Thema Impfung gegen H1N1 insgesamt als grossartiger Erfolg zu werten. Insbesondere auch, weil wir bereits in der ersten bedrohlichen Pandemie des laufenden Jahrhunderts einen gesichert wirksamen Impfstoff zur Verfügung haben, noch bevor uns die erste richtige Welle erreicht hat. Dies dürfen wir neben den teilweise hitzigen Diskussionen nicht vergessen.