Erfolg bzw. Misserfolg der HCV-Therapie bereits nach 2 Tagen vorhersagbar

Gegenwärtig wird eine HCV-Therapie erst dann als erfolglos abgebrochen, wenn der Abfall der HCV-RNA nach 12 Wochen <2 log U/ml beträgt. Offenbar sagt aber der HCV-RNA-Abfall in den ersten beiden Tagen bereits zuverlässig den späteren Therapieerfolg voraus.

Bei Patienten, welche auf Interferon alpha ansprechen, zeigt der Rückgang der Viruslast einen biphasischen Verlauf. Die erste Phase umfasst die ersten 24-48h der HCV-Therapie, worauf dann eine zweite Phase folgt, welche durch einen langsameren Abfall der Viruslast gekennzeichnet ist und im Wesentlichen durch die Kinetik der ersten Phase bestimmt wird.

Der Frage, ob sich mit dem HCV-RNA-Abfall während der ersten Behandlungstage der Erfolg einer Therapie mit Peg-Interferon und Ribavirin voraussagen lässt, gingen Durante-Mangoni et al. ab 2002 in einer Italienischen prospektiven Single-Center-Studie nach. 119 Patienten mit Chronischer Hepatitis C wurden mit Peg-Interferon alpha-2a bzw. -2b plus Ribavirin behandelt (Genotyp 1 für 48 und Genotyp 2 und 3 für 24 Wochen). Einschlusskriterien waren u.a. wiederholt erhöhte ALT (GPT) und der Nachweis einer chronisch aktiven Hepatitis in der Leberbiopsie. Ausgeschlossen wurden Patienten mit Alkohol- oder illegalem Drogenkonsum sowie Hepatitis B- oder -D- bzw. HIV-Koinfektion.

Für die HCV-RNA-Kinetik-Studie erfolgte bei allen Patienten eine nüchtern-Blutentnahme 5min vor sowie 2, 14 und 28 Tage nach Verabreichung der 1. Dosis Peg-Interferon und den ersten Ribavirin-Tabletten. Für jeden Patienten wurde die Differenz der log HCV-RNA-Werte zum Zeitpunkt t0 (5min vor Therapiestart) und t2 (Tag 2 nach Therapiestart) berechnet (delta (t0-t2) log HCV RNA). 67 Patienten (56,3%) erreichten eine SVR (Sustained Virological Response, d.h. HCV-RNA 6 Monate nach Therapieabschluss nicht nachweisbar), 29 Patienten (24,4%) waren Non-Responder und 23 (19,3%) erfuhren einen Relapse (HCV-RNA-Clerance unter Therapie und Wiedererscheinen während des Follow-up).

Resultate:

1) Delta (t0-t2) log HCV RNA-Werte <=0,8 hatten einen 95%igen Negativen Prädiktiven Wert (NPV) und Werte >2,5 einen 88%igen Positiven Prädiktiven Wert (PPV) für ein Therapieansprechen (definiert als SVR), unabhängig von Genotyp und Histologie (Per-protocol outcome-Analyse, d.h. Ausschluss von 5 Patienten, welche wegen Nebenwirkungen die HCV-Therapie vorzeitig abbrachen). Die erwähnten Cut-off-Werte erlauben eine Vorhersage des Therapieerfolg in fast der Hälfte der bzgl. Chronischer Hepatitis behandelten Patienten.

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2) Die delta (t0-t2) log HCV RNA-Werte waren zwischen Patienten mit SVR und Non-Respondern (NR) bzw. Relapsern (RLPS) signifikant verschieden (hingegen kein signifikanter Unterschied zwischen Non-Respondern und Relapsern (p = 0,397)). (Medianwerte: 2,27 für SVR versus 1,39 für NR und 1,02 für RLPS)

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3) Die höchsten delta (t0-t2) log HCV RNA-Werten fanden sich bei Genotyp 2 und 3 und die niedrigsten bei Genotyp 1.

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4) Die delta (t0-t2) log HCV RNA-Werte sanken mit zunehmendem Fibrose- und Steatose-Grad und waren mit den GGT-Werten sowie dem HOMA-IR score invers korreliert (HOMA-IR = homeostasis model assesment for insulin resistance = (nüchtern Plasma-Glucose (mmol/l) x nüchtern Insulin (uU/ml))/22,5).

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5) In der multivariaten Analyse war der delta (t0-t2) log HCV RNA-Wert der stärkste Prädiktor für eine SVR (OR 0,335, p = 0,002).

Conclusion:

Die klinische Anwendung der delta (t0-t2) log HCV RNA-Werte (Abfall der HCV-RNA innerhalb der ersten beiden Behandlungstage) als Prädiktor für das HCV-Therapieansprechen ist in zweierlei Hinsicht interessant:

1) Nicht Erfolg versprechende Therapien können nach nur kurzer Zeit (d.h. nicht erst nach 12 Wochen) abgebrochen werden, was Gesundheitskosten spart und dem einzelnen Patienten unnötige Nebenwirkungen erspart.

2) Patienten mit grossen Chancen auf einen Therapieerfolg können dazu motiviert werden, die Behandlung der Hepatitis C trotz Nebenwirkungen fortzusetzen.

Der HCV-RNA-Abfall nach zweitägiger Therapie fungiert quasi als eine Art in vivo-Resistenztest.

Mit zunehmendem Fibrosegrad sinkende delta (t0-t2) log HCV RNA-Werte deuten darauf hin, dass es nicht sinnvoll sein kann, mit der HCV-Therapie bis zum Erreichen eines gewissen Fibrosegrads zuzuwarten, weil die Chancen auf einen Behandlungserfolg mit zunehmender Fibrose abnehmen. Ferner bleiben Patienten, welche nicht frühzeitig bzgl. ihrer Hepatitis C therapiert werden, länger infektiös, was potentiell mehr Neuansteckungen zur Folge hat.

Quelle: Durante-Mangoni et al., CID 2009;49:498-506