Aktuelle Lage Mexikanische Grippe – 25. Juni 2009

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Die A/H1N1-Grippe breitet sich global unaufhaltsam aus. In den Medien ist mit zunehmender Ausbreitung und sinkender Todesfallzahlen das Interesse geschwunden, und das initial als Schweinegrippe-Todesvirus hat sich medial zum normalen Grippevirus A/H1N1 gewandelt. Doch ob diese Wahrnehmung, welche auch die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit in der Bevölkerung prägt, berechtigt ist, darf aufgrund der Datenlage stark in Frage gestellt werden.

 

 

Globale epidemiologische Lage
Klicken auf Bild zum Vergrössern Die Ausbreitung der A/H1N1-Grippe schreitet weltweit unaufhaltsam voran. Die WHO berichtet von >55’000 A/H1N1 Fällen weltweit (WHO, Stand 24.06.09). Wir haben aber bereits in unserem Update von letzter Woche ausführlich darauf hingewiesen, dass die Fallmeldungen je nach Land stark variieren und daher die nebenstehende Grafik der kumulativen Fälle wie auch die untenstehende Grafik der neu gemeldeten Fälle pro Woche nur einen Eindruck über die Ausbreitung des A/H1N1-Influenzavirus vermitteln können, aber nicht (mehr) die tatsächliche Fallzahl repräsentieren. Z.B. ist das A/H1N1-Virus nun in den USA das vorherschend zirkulierende Influenzavirus, sodass bei jedem Grippefall von einer A/H1N1-Ansteckung ausgegangen werden kann und nicht mehr alle Fälle im Labor bestätigt werden (was selbst das amerikanische Gesundheitssystem an den Rand des Kollaps führen würde).

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In der Schweiz meldet das BAG aktuell 43 A/H1N1-Fälle. Die Tendenz ist auch bei uns klar zunehmend. Auch wenn es sich bei 39 dieser Fälle noch um Reiserückkehrer aus Endemiegebieten Handelt, ist das sporadische Auftreten des A/H1N1-Virus in der Schweiz nunmehr eine Frage der Zeit. In den UK konnte man aus den epidemiologischen daten sehen, dass es nach dem Auftreten von sekundären Übertragungen im Land etwa 2 Wochen dauerte, bis die ersten sporadischen Fälle (keine Auslandsreise, kein Kontakt mit Erkranktem eruierbar) auftraten. Diese Zeitspanne von 2 Wochen wird durch die Screening- und Mitigationmassnahmen der Behörden beeinflusst – dennoch sind wir der Meinung, dass auch in der Schweiz während diesem Sommer sich das A/H1N1-Virus in einer ersten Welle ausbreiten wird.

Wie weiter?

Daher stellt sich nun die Frage, wie sich die Pandemie weiter entwickeln wird. Eine sichere Voraussage ist nicht möglich, da dies die erste Pandemie in der Geschiochte der Menschheit ist, welche wir in "real time" verfolgen können. Doch Beobachtungen aus früheren Grippepandemien legen nahe, dass es zu einer zweiten, stärkeren Welle im Herbst zusammen mit der "saisonalen" Grippe kommen wird. In fast allen Pandemien wurde zunächst eine erste Welle ausserhalb der "Grippesaison" beobachtet, bevor es zu einer stärkeren Ausbreitung während der darauffolgenden "normalen" Grippesaison kam.

In den Medien wurde nun kolportiert, dass es sich bei dem A/H1N1-Virus nciht um ein gefährliches Influenzavirus handle. Tatsächlich konnten Virulenz-(krankmachende)faktoren, welche z.B. für die hohe Todesfallzahl während der spanischen Grippe verantwortlich waren oder zu der hohen Mortalität des Vogelgrippevirus A/H5N1 beitragen, im neuen A/H1N1-Virus nicht nachgewiesen werden (Apoptosefaktor PB1-F2). Doch hier hören die guten Neuigkeiten auch schon auf.

Weitaus beunruhigender ist, dass das A/H1N1-Virus auf eine Population trifft, welche noch keine Abwehrantwort gegen das Virus hat. Es konnte schon kurz nach dem ersten Auftreten des A/H1N1-Virus gezeigt werden, dass ältere Menschen wohl ein ähnliches Virus in den 50iger oder 60iger Jahren "gesehen" haben und ein "Abwehgedächtnis" entwickelt haben. Bei Jungen ist dies aber nicht der Fall, und tatsächlich trifft das A/H1N1-Virus vor allem die Bevölkerungsgruppen <30 Jahre (vgl. Grafik Fig. 3 des ECDC-Reports). Dies ist beunruhigend, da zwar die Mortalität klein sein dürfte, aber jkunge Menschen sterben. Die ökonomischen Konsequenzen bei einer Grippewelle im Herbst, wenn auch die Umweltfaktoren eine Übertragung begünstigen, welche v.a. die arbeitstätige Bevölkerung trifft, sind nur schwer absehbar.

Eine Entwarnung zum jetzigen Zeitpunkt ist daher nnicht angebracht, und die A/H1N1-Pandemie sollte nicht unterschätzt werden – zumindest nicht, bis sie vorbei ist und wir mehr wissen. Denn nur Eines ist sicher:

The only thing certain about influenza viruses is that nothing is certain.

 

Nähere Informationen zu Fallzahlen und Lagebeurteilung einzelner Behörden, sowie Links zu den Quellen der in diesem Artikel verwendeten Angaben:

Weitere Informationen: