Aktuelle Lage Mexikanische Grippe – 05. Juni 2009
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Erster Fall einer Übertragung innerhalb der Schweiz, alleine in den letzten 24 Std. 3 neue Fälle in der Schweiz, Zunahme nun v.a. auch ausserhalb Nordamerikas, Chiles Gesundheitssystem unter Druck, Bundesrat nimmt A/H1N1 ernst und stockt Tamiflureserve auf – das sind nur die wichtigsten Neuigkeiten der letzten Stunden.
Epidemiologische Lage
Die WHO vermeldete aktuell fast 22’000 Fälle weltweit. Die Grafik links zeigt die kummulative Entwicklung der durch die WHO bestätigten Fallzahlen (klick auf Grafik für Vergrösserung).
Obwohl noch die meisten Fälle in den USA, Kanada und Mexiko beobachtet wurden, nimmt die Zahl der Neudiagnosen ausserhalb des Nordamerikanischen Kontinents rasant zu. Folgende Grafik gibt eine Übersicht über die wöchentliuch neu gemeldeten Fälle, um die Ausbreitung weltweit und die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu veranschaulichen. Es ist nun allen klar (und visuell einprägsam sichtbar), dass der A/H1N1 Ausbruch nun unweigerlich die ganze Welt betrifft – auch uns!
Der Fokus liegt zur Zeit auf Chile, welches innert weniger Tage (allein am 04.06.09 369 neue Fälle) einien rasanten Anstieg der Erkrankten zu verzeichnen hat. Die hat dazu geführt, dass das Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Kapazitäten stösst, insbesondere was die Diagnostik (Laborbestätigung) der Fälle angeht. Daher ist Chile dazu übergegangen, nicht mehr alle Fälle mittels Labortest zu bestätigen (vgl. Report ECDC). Es wird daher nun nur noch in schweren Fällen, welche hospitalisiert werden müssen, eine Dioagnostik zur Fallbestätigung im Labor durchgeführt. Patienten mit einer grippalen Symptomatik, welche keine Hospitalisation benötigen – und dies ist die Mehrzahl – werden zu Hause mit Tamiflu behandelt. Daher ergibt sich nun in Zukunft eine Verzerrung der gemeldeten Fälle, da die tatsächliche Fallzahl weitaus höher liegen dürfte. Eine ähnliche, wenn auch nicht derart stark ausgeprägte Verzerrung der gemeldeten Fälle ist auch in den USA zu erwarten, welche auch nicht mehr jeden Verdachtsfall mittels des aufwendigen Labortestes bestätigen.
Lage in der Schweiz
Diese beiden Beispiele zeigen exemplarisch, wie die Massnahmen sowohl in der Diagnostik wie auch in der Therapie je nach Ausbreitung des A/H1N1-Virus den Kapazitäten des Gesundheitssystems angepasst werden müssen. Auch in der Schweiz wird dies wahrscheinlich noich diesen Sommer der Fall sein müssen. Inzwischen nehmen auch die Fallzahlen in der Schweiz stetig zu. Waren es vor 3 Wochen noch einzelne Fälle, so wurden in den letzten Tagen fast täglich Fälle nachgewiesen, alleine in den letzten 24 Stunden derer drei. Noch handelt es sich hauptsächlich um "importierte" Erkrankungen: 11 der 14 gemeldeten und bestätigten Fälle wurden in USA-Rückkehrern beobachtet. Aber neu besteht der hochgradige Verdacht, dass sich die Schweiz auch in die Reihe der stetig zunehmenden europäischen Staaten einreiht, in welchen es zu sekundären Übertragungen gekommen ist. Der waadtländer Kantonsarzt meldete heute gemäss dem BAG eine ersten Fall bei einer Person, welche einzig Kontakt zu einem USA Reiserückkehrer hatte, sich selber aber nicht in einem Risikogebiet aufgehalten hatte (siehe Medienbericht). Besorgniserregend ist auch, dass einer der Fälle aus der Domenikanischen Republik eingeschleppt wudre, welche bislang nicht zu den Risikogebieten zählt. Der Bundesrat hat in seiner gestrigen Sitzung auf die weltweite Zunahme der A/H1N1 Fälle reagiert und dabei auch die Unsicherheiten in der Entwicklung der Ausbreitung und Virulenz des A/H1N1 Grippevirus berücksichtigt. Aufgrund dieser Lagebeurteilung wurde beschlossen, die Tamiflu-Reserven aufzustocken, um jeglicher Bedrohungslage trotzen zu können (siehe Medienbericht).
Bald Pandemiestufe 6?
Die WHO hält heute eine Meeting ab, in welchem die globale Lage erneut beurteilt wird. Experten rechnen damit, dass die Pandemiestufe 6 ausgerufen werden könnte. Gleichzeitig ist aber eine Unterteilung dieser Stufe zu erwarten, welche der aktuellen Bedrohungslage und insbesondere der Virulenz des Virus Rechnung trägt. So wäre es allenfalls möglich, die höchste Pandemiestufe auszurufen, ohne notwendigerweise die Produktion des saisonalen Grippeimpfstoffes vollständig zu stoppen und die Tamiflu-Reserven schon aller Nationen abzurufen, wie dies eigentlich voregsehen wäre. Dies würde einzelnen Staaten eine differenziertere Strategie erlauben, welcher der aktuellen lokalen Lage Rechnung trägt. Klar ist jedoch nach der Beobachtung der Ausbreitung und deren Geschwindigkeit des A/H1N1 Virus in der letzten Woche (siehe Grafik oben), dass eine Pandemie unausweichliuch ist. Es bleibt nur die Frage, wie schwer diese sein wird – in Bezug auf die Morbidität/Mortalität, aber auch der finanziellen Konsequenzen, die in der aktuellen Rezession verheerend sein könnten. Und niemand weiss, was im Herbst für ein Grippevirus zu uns zurückkehren wird….
The only thing certain about influenza viruses is that nothing is certain.
Nähere Informationen zu Fallzahlen und Lagebeurteilung einzelner Behörden:
Weitere Informationen:
- Hotline für Ärzte und Reiserückkehrer der Region Ostschweiz: 071 494 1144 (offen bis 5.1.2010)
- Pandemie: Milder als erwartet, rascher als geplant? Versuch einer Standortbestimmung
- Informationen des BAG
- gut aktualisierte Informationen vom CDC
- Schweinegrippe in Mexico – Was bedeutet das