Saisonale Grippe: wie verlässlich sind Schnelltests?

Mal ganz abgesehen von der mexikanischen Grippe: die nächste Grippesaison kommt bestimmt. Und da wäre es sehr hilfreich, wenn ein verlässlicher Schnelltest für die saisonale Influenza zur Verfügung stünde.
Falls die „mexikanische“ Grippe A/H1N1 dann weiterhin (oder wieder?) ein Thema wäre, könnte diese zu der saisonalen Influenza abgegrenzt werden, was u.U. für die Einschätzung der Wirksamkeit von Grippemedikamenten entscheidend sein könnte. Zudem könnte eine Differenzierung zu nicht durch Influenza verursachten Krankheitsbildern rascher erfolgen. Wie gut aber sind Influenza-Schnelltests?

In der Grippesaison 07/08 wurde bei Patienten mit hochgradigem Influenzaverdacht an 3 Orten in den USA der folgende Test durchgeführt:
gleichzeitig wurden sowohl ein Grippeschnelltest,  als auch eine Influenza-PCR und Influenzakultur abgenommen und verglichen .
Es handelte sich um ein recht heterogenes Patientengut, bestehend aus Universitätsstudenten („Site 1“), Kindern und Erwachsenen aus verschiedenen auf Kinder ausgerichteten Institutionen („Site 2“), und im letzten Fall um Schulkinder („Site 3“). Bei den Universitätsstudenten wurde Influenza gesucht, wenn ein Proband über Husten sowie mindestens eines der folgenden Kriterien berichtete: Fieber oder fiebriges Gefühl, Schüttelfrost oder Gliederschmerzen. An beiden anderen Orten hiessen die Kriterien: Temperatur über/gleich 37.8°C und Husten und/oder Halsweh ohne andere bekannte Ursache. Der Abstand zwischen Beginn der Beschwerden und Durchführung des Tests betrug im Median 2-3 Tage (Maxima 0 bis 10 Tage). In allen Fällen wurde korrekt nach Angaben des Herstellers ein Nasenabstrich für den Influenza-Schnelltest durchgeführt („QuickVue Influenza A+B“) und sogleich bzw. nach korrektem Transport nach 4-8 Stunden ausgewertet. Zugleich wurden Nasen- bzw. Rachenabstriche für die Influenza-PCR bzw. -Kultur abgenommen.

Ergebnisse:
Die folgende Tabelle zeigt die Sensitivität und Spezifität sowie positiven und negativen prädiktiven Wert der einzelnen Untersuchungen:

 

Somit lag die Sensitivität des Schnelltests lediglich im Bereich zwischen 18.9% („Site 1“) und maximal 32.3% („Site 2“). Die mediane Spezifität betrug 97,2%. Da sich bei einigen Patienten die Positivität des Schnelltests in PCR und Kultur nicht bestätigen liess, lag der positive prädiktive Wert zwischen 80 und 91%. Bei einem negativen prädiktiven Wert lediglich zwischen 62.5 und 79% ist zudem klar, dass reichlich viele Patienten falsch negativ getestet waren.

Woher dieses enttäuschende Ergebnis?
Die Autoren betonen, dass alle Untersuchungen genau gemäss Vorgaben der Hersteller durchgeführt wurden. Man könnte bemängeln, dass in einzelnen Fällen der Test reichlich spät nach Start der Beschwerden durchgeführt wurde (Maximalwert: 10 Tage nach Symptombeginn), das dürfte aber nicht wirklich als Erklärung ausreichen. Auch eine Untersuchung auf das Vorliegen von Influenza A oder B (aufgrund fehlender Influenza B-Fälle an „Site 1“ lediglich an den beiden anderen durchgeführt) zeigte keine wesentlichen Differenzen.

Der „QuickVue Influenza A+B“- Hersteller selbst gibt in Internetangaben bei Nasenabstrichen bezüglich Influenza A eine Sensitivität von 94%  und bezüglich Influenza B von 70% an; die Spezifität betrage 90% bei Influenza A bzw. 97% bei Influenza B.

Wie werden Influenza-Schnelltests in den Guidelines der infectious diseases society of Amerika, publiziert im März 2009, eingeschätzt? Da wird (bei Erwachsenen) die Sensitivität als <40% bis 60% angegeben (bei Kindern: 70-90%). Die Empfehlung lautet, bei der Interpretation „die Limitationen des Tests zu bedenken“. Bei negativem Test „solle das Ergebnis mit PCR und/oder Viruskultur bestätigt werden“.

Quintessenz:
Falls ein Einsatz des Schnelltests auf saisonale Grippe (wohl in Spezialfällen) sinnvoll ist, werden die Resultate sehr vorsichtig interpretiert werden müssen. Fraglich ist, ob andere Schnelltests auf saisonale Influenza (von anderen Herstellern) wirklich besser ausfallen. Da wird es sicher noch Abklärungsbedarf geben.

Quellen: Uyeki et al, CID 2009;  4:89-92.
Herstellerangaben: QuickVue Influenza A+B
IDSA Guidelines Influenza, Harper et al, CID 2009;  48:1003-1032