…. und die (Zeit-)Rechnung ohne den Wirt
Wir hatten der Pandemie einen wunderbaren Plan vorbereitet. Ein neues Virus würde sporadisch, hin und wieder vom Tier auf den Mensch übertreten, wir nennen es Phase 3. Und dann – eine zufällige Mutation – und das Virus lernt, sich von Mensch zu Mensch zu angeln (s.
Mechanismus dazu), bleibt aber schön in einer Region (Phase 4). Da wir es rasch erkennen können – das
mathematische Modell hat es vorgerechnet – können wir durch eine Ringprophylaxe (
WHO-Containment-Plan) die Ausbreitung stoppen. Drei bis Fünf Millionen Menschen sollen in der Region der ersten dokumentierten Fälle, 18 Tage nach Auftreten der ersten Infektionen, mit Tamiflu verbreicht werden. Roche der WHO das notwendige
Tamiflu geschenkt. Erst wenn das Containment nicht wirken sollte, würde sich das Virus auch in einer anderen Region der Welt zeigen. Es könnte dort zu einer regionalen Ausbreitung kommen. Wir sprechen von Phase 5 und geben dem Virus – so unser Plan –
noch mal etwas Zeit, um den Schritt zu Phase 6 – der Ausbreitung auf der ganzen Welt zu erreichen. Die asiatische Grippe, 1956/7, brauchte 8 Wochen, um sich um den ganzen Globus zu verteilen. Doch wir sollten die Erkenntnis des grossen Philosophen Emanel Kant nicht vergessen: Er hat schon vor Kenntnis des Erregers erkannt, dass sich die Pandemie seiner Zeit nicht schneller als die Postkutsche verbreitet (s.
Bericht).
Von der Postkutsche auf den Jet umgestiegen
Natürlich wussten wir –
Sars hat es uns vorgemacht – dass die Pandemie rascher um den Globus ziehen wird. Doch wir wurden vom aktuellen Pandemievirus ausgetrickst. Jeder Pandemieplan geht davon aus, dass ein neues Virus entsteht. Neu hiess für uns, eine andere Zusammensetzung der beiden Oberflächeneinweisse des Virus. So genügt es, wenn wir bei einem Virus mit einfachen serologischen Tests die Art des Hämmagglutinins und der Neuraminidase feststellen. Wenn es nicht H1N1 oder H3N2 oder H3N1 ist, so ist es etwas neues.
Doch das neue Virus hat uns ausgetrickst. Denn es entsteht im altbekannten Kleid H1N1, wird also glatt übersehen. Und als man realsierte, dass hier mehrere junge, vormals gesunde Menschen an der Grippe gestorben sind, war es schon zu spät. Die neue Art des Virus wurde knapp 40 Tage nach den ersten Fällen erkannt. Zu spät für ein Containment. So müssen wir gemäss WHO versuchen, die weitere Ausbreitung zu verlangsamen, anstatt im Keim zu ersticken.
Doch ein H5N1-GAU wird es nicht!
Auch wenn wir diese Mexikanische Grippe wohl nur noch bremsen können, die Erkrankung wird kommen. Dafür scheint sich das Virus deutlich weniger aggressiv zu verhalten, wie wir das für eine H5N1-Pandemie hätten befürchten müssen. Die ersten aus Mexiko gemeldeten gut 150 Todesfälle lösen zwar Befürchtungen aus. Bezieht man dies auf die gemeldeten 1600 Fälle in Mexiko, so wären dies knapp 10%. Doch man muss damit rechnen, dass dies eine Überschätzung ist, weil viele harmlos verlaufende Erkrankungen gar nie erkannt wurden. Möglich, dass schon 10’000 Menschen oder mehr an der Infektion erkrankt sind. Dann wäre die Letalität unter einem Prozent.
Im Allgemeinen verhalten sich Virusinfektionen auch am Anfang ihrer Entstehung in einem neuen Wirt aggressiver. Sie passen sich aber dem Wirt an, werden gutartiger. Dies entsteht durch Selektion. Diejengen Viren, die den Wirt töten, "sterben" ja auch und können dann micht mehr andere anstecken. So bleiben am Schluss nur noch die harmloseren Virusstämme. Wir nennen dies eine "Attenuierung" des Virus. Vielleicht können wir bereits jetzt schon eine solche erste Veränderung erkennen. Noch ist es zu früh, von einer harmlosen Grippe zu sprechen, aber milder als erwartet ist sie schon.
Wir können uns schützen
Selbst wenn das Virus noch nicht allzu sehr "attenuiert" ist, wir können den Verlauf der Pandemie beeinflussen. Denn wenn es uns gelingt, durch Reduktion der Kontakte unter Menschen dem Virus weniger Möglichkeiten zur Übertragung zu bieten, so haben wir sehr viel erreicht. Effektiv hilft dies viel mehr, als eine Prophylaxe mit Tamiflu (s.
Bericht).
Das sog. "social distancing" will somit die Möglichkeiten für einen Kontakt zwischen Menschen reduzieren. Hart, für alle unter uns, die gerne unter Menschen sind. Doch nur für eine begrenzte Zeit. Am effizentesten ist es, die Schulen zu schliessen. Das haben mathematische Modelle gezeigt. Die Kinder mögen sich vielleicht zunächst darauf freuen. Doch in der Konsequenz heisst dies auch, dass die Kinder sich dann nicht einfach in der Freizeit gemeinsam aufhalten können. Social distancing würde bedeuten, dass möglichst wenig Kontakte unter Kindern sind. Aber auch die Erwachsenen sind betroffen: Geschlossene Kinos, Theater und andere Freizeitbeschäftigungen aber auch das Schliessen der Kinderkrippen wird Konsequenzen haben.
Doch all diese Massnahmen werden nicht zwingend notwendig werden. Man wird sorgsam abklären müssen, was noch vertretbar ist, und was keinen grossen zusätzlichen Nutzen bringt.
H5N1 ist noch nicht vorbei:
Wir sehen nun nur immer die Mexikanische (H1N1) Grippe. Doch das seit 12 Jahren beim Menschen beobachtete, vielfach gefährlichere H5N1 Virus, ist noch nicht gebannt. Noch immer finden sich in Südostasien und weiteren Ländern immer wieder diese sporadischen Fälle einer H5N1 Infektion beim Menschen, noch immer sterben mehr als die Hälfte der Erkrankten. Die Erfahrungen mit der deutlich milderen H1N1 Pandemie können wir vielleicht als gute Warnung und Vorbereitung auf die noch nicht gebannte H5N1-Gefahr betrachten.