MyNotes: HIV und Übertragungsrisiko

Die eigene Angst, eine andere Person mit HIV anzustecken ist für viele Betroffene sehr gross. In einem HIV-differenten Paar ist es oft der HIV-positive Partner, der trotz genügenden Vorsichtsmassnahmen vor einer Ansteckung des Partners Angst hat.

Im Folgenden geben wir zu den folgenden Stichworten, welche in unserem MyNotes-Notizbüchlein  unter „Risiken“ genannt wurden, ergänzende Informationen:

Übertragungswege
HIV wird praktisch ausschliesslich beim Geschlechtsverkehr und beim Austausch von Spritzen für den intravenösen Drogenkonsum übertragen. Andere Übertragungswege, wie die übertragung von der Mutter auf das Kind sind dank entsprechenden Vorsichtsmassnahmen bei uns heute nicht mehr wesentlich. Die nebenstehende Tabelle fasst die Transmissionsrisiken für unterschiedliche Sexualpraktiken zusammen (Adaptiert aus CDC RR-2, 2005).

Menschen, die intravenös Drogen konsumieren sollten gut darauf achten, dass sie Ihre gebrauchten Spritzen und Nadenl nicht anderen Personen zur Verfügung stellen. Es ist auch wichtig, dass die Nadeln nach dem Gebrauch sicher entsorgt werden. Es gibt in allen grösseren Städten Nadel-Austauschprogramme. Dort werden gebrauchte Spritzen und Nadeln (Kanülen) sicher entsorgt und gegen steriles Material eingetauscht. Um Verletzungen vorzubeugen, soll die Kanüle immer mit der dazugehörigen Kappe geschützt bleiben.

Sexualverhalten  und Risiko nach Sexualpraxis
Die sexuelle übertragung ist weltweit der häufigste Übertragungsweg für HIV. Das Risiko einer Übertragung ist nicht bei allen Sexualpraktike dasseble. Beim Vaginalverkehr erfolgt die Übertraung etwa gleich häufig von Mann zu Frau wie von Frau zu Mann, auch wenn dies oft nicht so berichtet wird. Männer, die beschnitten sind, haben etwa ein um die Hälfte reduziertes Risiko sich anzustecken, wie in einer randomisierten Interventionsstudie gezeigt werden konnte (s. Bericht). Das unverhornte Plattenepithel der Vorhaut ist offensichtlich besonders anfällig für eine Infektion. Dies bedeutet, dass eine Infektion beim Mann bereits nach kurzem Vaginalkontakt erfolgen kann.

Ganz anders ist die Situation für den Fall der Mann zu Frau Übertragung beim Vaginalsex. Hier wissen wird, dass eine Übertragung fast ausschliesslich über HIV-haltiges Sperma auftritt. Somit braucht es für eine Übertragung einen Samenerguss. Bereits 1994 zeigte eine grosse Studie bei heterosexuellen Paaren (De Vincenci, NEJM, 1994), dass Coitus interruptus genauso gegen eine HIV-Transmission schützt wie ein Kondom. Doch allgemein gehen wir davon aus, dass Coitus interruptus eine Praxis ist, welche wenig Männer beherrschen, sodass diese Praxis nicht als allgemein effiziente Präventionsmassnahme empfohlen werden kann. Die gleiche Studie von De Vincenci et al. konnte auch zeigen, dass die Benützung von Kondomen wirksam gegen eine HIV-Transmission schützt.

Analverkehr ist die häufigste Sexualpraxis unter homosexuellen Männern. Doch auch heterosexuelle Paare praktizieren nicht selten Analverkehr. In einer Amerikanischen Untersuchung gab ein Drittel aller heterosexuell aktiven Personen an, mindestens einmal Analverkehr praktiziert zu haben (s. Bericht). Das Risiko der HIV-Übertragung ist beim Analverkehr verglichen mit den anderen Sexualpraktiken am höchsten (s. Tabelle oben). Inwieweit beim rezeptiven Analverkehr ein Samenerguss für eine Transmission notwendig ist, ist nicht bekannt. Wir gehen allerdings davon aus, dass ähnlich wie beim Vaginalverkehr erst mit der Ejakulation genügend hohe Virusmengen vorhanden sind, um zur Infektion des rezeptiven Partners zu führen (Ausnahme Geschlechtskrankheiten, s. unten).

Oralverkehr kaum ansteckend
Von allen Sexualpraktiken am wenigsten ansteckend ist sicher der Oralverkehr. Unter zwei Bedingungen dürfen wir den Oralverkehr als nicht ansteckend betrachten: 1) es darf kein Sperma des HIV-pos. Partners in den Mund kommen, 2) beide Partner dürfen keine Geschlechtskrankheiten aufweisen (s. unten)
Diese zwei Kriterien sind wichtig. Wie bereits weiter oben für den Vaginal- und Analsex geschildert, ist es das Sperma des Mannes, welche HIV Überträgt. Der Speichel selbst ist kaum infektiös. Im Speichel sind auch verschiedene Virusabtötende Substanzen, welche eine Infektion verhindern. Eine weitere Eigenschaft des Speichels ist der sehr geringe Salzgehalt (Osmolarität). Dies führt dazu, dass Viren schlecht im Speichel überleben können. Doch dieser Schutz kann durchbrochen werden. Insbesondere die hohe Osmolarität des Spermas führt im Speichel zu einer Inaktivierung dieser Schutzwirkung.
Das BAG hatte schon 1985, basierend auf wenig epidemiologischen Daten den Oralverkehr als wahrscheinlich unwichtigen Übertragungsweg eingestuft. 1996 hat die Subkommission Klinik der Eidgenössischen Kommission für Aids-Fragen eine ausführliche Risikobeurteilung vorgenommen (s. Bulletinartikel). In einer Analyse der neuen Fakten kamen die Experten der Fachkommission Klinik und Therapie HIV/Aids 2007 zum Schluss, dass die vorliegenden Daten weiterhin beim Oralverkehr kein Risiko sehen (Dokument noch nicht online)

Die Viruslast
Seit einigen Jahren wissen wir, dass die Viruskonzentration im Blut der wichtigste Risikofaktor für eine HIV-Übertragung darstellt. Ein weiterer Risikofaktor sind Geschlechtskrankheiten (s.unten). Doch wenn wir heute mit einer HIV-Therapie die Virusvermehrung vollständig stoppen können, so ist das Risiko einer HIV-Übertragung minimal. Es bewegt sich in der Grössenordnung der normalen Lebensrisiken wie Autofahren, Flugreisen etc… Die Eidg. Kommission für AIDS-Fragen wird 2008 entsprechende Empfehlungen für den Umgang mit den neuen Erkenntnissen publizieren.

Geschlechtskrankheiten
Zu den klassischen Geschlechtskrankheiten (STDs) rechnen wir die Syphilis (auch Lues genannt), den Tripper (Gonorrhoe), den Genitalherpes und die Chlamydien-Infektionen. Natürlich gibt es noch mehr STDs, doch diese sind für das HIV-Übertragungsrisiko nicht relevant. STDs erhöhen sowohl die Viruskonzentration in den Genitalsekreten als auch die Empfänglichkeit für HIV beim nicht infizierten Partner. Daher steigt bei Vorliegen einer Geschlechtskrankheit das Risiko einer sexuellen Übertragung von HIV.

Leider steigt die Zahl der neuen Diagnosen von STDs, insbesondere Syphilis und Tripper (s. Bericht 24.10.06). Ausserhalb von festen Partnerschaften ist daher die benützung eines Kondoms sicher noch sinnvoll, selbst wenn beide Partner einen negativen HIV-Test aufweisen.