Genitalherpes – Übersicht

Im Lancet vom 22.12.07 ist eine schöne Zusammenfassung zu Herpes Genitalis erschienen. Wir fassen hier die wichtigsten Punkte für interessierte Laien zusammen.

Herpes Genitalis – Eine Geschlechtskrankheit
Der Genitalherpes ist die sexuell übertragbare Form der Infektion mit Herpes Simplex. Herpesviren „überleben“ in der unbelebten Umgebung nicht lange. Daher werden sie vorwiegend durch direkten Kontakt zwischen Schleimhäuten übertragen. Somit erklärt sich deren hauptsächliche Manifestationsort: Entweder im Mund, resp. an den Lippen, dann sprechen wir von Fieberbläschen oder Herpes labialis oder im Genitalbereich: Herpes genitalis.

Herpes Viren
Herpes Viren gehören zu den entwicklungsgeschichtlich ältesten Viren des Menschen. Wir finden Herpes Viren auch bei praktisch allen grösseren Tierarten, inkl. Weichtiere etc. Natürlich sind es andere Viren als diejenigen des Menschen, doch sie gehören in dieselbe Familie. Das bedeutet, dass Menschen und Säugetiere überhaupt schon seit ihrer Entstehung mit Herpes-Viren zu tun hatten, respektive infiziert waren. Als Folge davon ist die Herpesinfektion eine Infektion, mit der wir Menschen sehr gut, in der Regel sogar ohne jegliche Symptome zurechtkommen.
Wir kennen acht verschiedene Herpes-Viren beim Menschen. Dazu gehören auch das Cytomegalovirus (CMV), das Epstein-Barr Virus (EBV), das Varizellen-Virus (VZV, Erreger der Windpocken) und sogar auch das Virus, welches das Kaposi-Sarkom, eine Hautkrebsform bei AIDS verursacht.
Das Herpes simplex Virus (HSV) ist der Erreger von H. labialis und H. genitalis. Es gibt zwei Typen, Typ 1 und 2. Meistens wird der H. labialis vom Typ 1, der H. genitalis vom Typ 2 verursacht. Es gibt aber auch Mischformen.

Virus-Latenz: Das Virus bleibt immer im Körper…
Eine wichtige Eigenschaft aller Herpesviren ist deren Latenz. Das heisst, sie können sich in der Zelle einschleichen und dort für den Rest des Lebens verweilen. Meistens verursachen sie dann keine Symptome. Im Fall von Herpes simplex befallen die Viren Nervenzellen. Nach der Infektion einer Nervenfaser in der Schleimhaut wandert das Virus längs der Nervenfaser in den Nervenzellkern im sensorischen Ganglion. Das ist eine Ansammlung von Nervenzellen neben der Wirbelsäule in der Nähe des Rückenmarkes. In diesen Nervenzellkernen richtet sich das Herpes-Virus häuslich ein, respektive macht seine Latenz. Da Nervenzellen nach der Geburt sich nicht mehr vermehren und teilen, bleiben die Herpesviren in diesen Zellen ungestört.

…und kann sich wieder zeigen
Doch irgendwann im Leben können die Herpes Viren erneut längs der Nervenfaser wieder zur Haut wandern. Da Herpes simplex Viren in der Zelle bleiben, gelangen diese nach dieser „Wanderung“ an mehr oder weniger denselben Ort, wo sie in den Körper eingedrungen waren. So erklärt sich die Beschränkung der Manifestationen auf die Lippen und das Genitale (Abb: Zyklus der Herpes simplex Viren).

Es ist selten Zufall, dass sich die Viren entschliessen, die Wanderung an die Haut zu machen. Meist sind es sehr milde Faktoren, welche die Manifestation provozieren. Oft sind es milde Auslöser wie Sonneneinstrahlung (UV-Licht hat immunschwächende Eigenschaften), geringer Stress oder eine Menstruationsblutung, welche Symptome provozieren. Längst nicht alle Menschen erleben nach einer Herpesinfektion solche Rezidive. Auch der Virustyp spielt eine Rolle. Der beim Genitalherpes deutlich seltenere HSV Typ 1 neigt viel weniger (ca. 1x pro Jahr) zu Rezidiven als Typ 2 (durchschnittlich 4x /Jahr im ersten Jahr). Mit der Zeit werden die Rezidivraten seltener.

Klinisches Bild: Gruppierte Bläschen auf gerötetem Grund
Das typische Bild der Herpeserkrankung ist charakterisiert durch gruppierte Bläschen auf gerötetem Grund. Die Erstinfektion (Herpes labialis meistim Kleinkindesalter, H. genitalis zu Beginn der sexuellen Aktivität) ist typischerweise meistens sehr ausgedenh, hartnäckig und dauert 10 bis 14 Tage bis zur Ausheilung. Kommt es zum Rezidiv, so kann es sich auch um sehr kleine oder einzelne Bläschen handeln. Bei vorliegen von Immunschwächezuständen (z.B. HIV) neigen die Herpesbläschen zu atypischen Verlaufsformen, oft finden sich am genitale grössere Geschwüre, sog. Ulzera.
Die Herpeserkrankung verursacht auch ein Jucken oder Schmerzen. Viele Betroffene verspüren sogenannte Prodromalerscheinungen: Symptome, welche ein Rezidiv ankündigen, wie z.B. ein Kribbeln, ein Jucken oder Schmerzen in der Damm- und Genitalregion. Die Schmerzen sind beim Rezidiv viel geringer als bei der Ersterkrankung und das Rezidiv dauert auch nur ca. eine Woche.

Prävention
Natürlich lässt sich die Übertragung von HSV durch Benutzung von Kondomen vermeiden. Doch die wenigsten festen Paare werden längerfristig regelmässig Kondome benutzen, nur um den nicht infizierten Partner vor einer Herpes-Infektion zu schützen. Dazu kommt, dass längst nicht alle Partner von Personen mit aktivem Herpes-Rezidiv tatsächlich auch infiziert werden. Interessanterweise sind Personen, welche früher einmal eine HSV-Typ-1 Infektion (z.B. Fieberblase) durchgemacht haben, weniger anfällig auf eine Infektion mit HSV-2. Dies bedeutet, dass die Stimulation des Immunsystems durch HSV-1 einen teilweisen Schutz vor HSV-2 gewährt (und umgekehrt).
Selbst wenn man infiziert wird, so haben entwickeln nur etwa 60% bei HSV-2 und 35% bei HSV1 eine erneute Episode im ersten Jahr der Erkrankung.
Will man sich vor einer Übertragung vom Partner schützen, so genügt es nicht, einfach während dem Rezidiv ein Kondom zu benutzen. Es wurde gut gezeigt, dass viele infizierte Personen auch wenn sie keine Symptome haben immer wieder Episoden mit erhöhter Virusausscheidung in der Scheidenflüssigkeit und im Sperma aufweisen. Eine Möglichkeit ist auch die Dauerbehandlung des infizierten Partners zur Senkung der Viruskonzentration im Genitaltrakt.

Therape für ausgewählte Fälle
Es gibt bis heute keine Möglichkeit, die latenten Formen des HSV in den Nervenzellen zu bekämpfen. Somit gibt es auch keine Heilung mit Medikamenten des H. genitalsi (wie labialis und alle anderen Herpesformen auch). Die medikamentöse Behandlung kann die Virusvermehrung unterbrechen. Die Behandlung des einzelnen Rezidivs wird selten durchgeführt, sie vermag die Virusausscheidung aber auch die Symptomdauer um einige Tage zu verkürzen. Viel effizienter ist die Therapie, wenn sie eingenommen wird, sobald der Patient die ersten Prodromalerscheinungen spührt (s.oben). Frühzeitig eingenommen kann die Therapie sogar das Auftreten der Bläschen verhindern.
Kontrollierte Studien haben auch gezeigt, dass sich durch eine Dauertherapie (mit reduzierter Dosis) die Häufigkeit von Rezidiven massiv senken lässt. Da diese Therapie aber teuer ist (ca. 4000.-/Jahr) lohnt sie sich nur für schweren Befall mit über 10 Rezidiven pro Jahr. Meist wird die Therapie ein Jahr lang durchgeführt. Durch den natürlichen Verlauf der Erkrankung (Rezidive werden mit der Zeit seltener) ist die Häufigkeit meist nach einem Jahr schon geringer und die Therapie kann abgesetzt werden.

Sonderformen
Herpes simplex kann unter der Geburt vom Gebärkanal auf das Neugeborene übertragen werden. Bei Immungeschwächten Personen kann das Herpesbild häufiger und schwerer auftreten und mehrere Wochen dauern. Personen mit einer HSV-2 Infektion haben auch ein etwa dreimal erhöhtes Risiko, sich mit HIV anzustecken. Die Herpes-Infektion mach die Schleimhaut empfänglicher für HIV.

Lancet-Summary: Gupta et al, Lancet 22. Dez. 2007

Weitere Informationen:

  • Herpes Genitalis: Partner schützen vor Infektion
  • Herpes: Ansteckend oder nicht – Gene entscheiden
  • Heiraten schützt vor Herpes !
  • Die verschwiegene Krankheit – (Vortrag 2004 von Stefan Lautenschlager am St. Galler Infekttag)
  • Herpesinfektionen: Klinik und Therapie (Vortrag 2002 von Pietro Vernazza)