Stumme Hepatitis B bei Hepatitis C: Karzinomrisiko erhöht!

Erhöht bei einer chronischen Hepatitis-C Infektion eine stumme Koinfektion mit Hepatitis B das Risiko, später ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln? Forscher aus Japan meinen: ja!.

Grundlage
Eine chronische Hepatitis C gilt als häufigste Ursache, im späteren Verlauf ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) zu entwickeln. Liegt gleichzeitig eine Leberzirrhose vor, ist das Risiko nochmals erhöht, ist doch bei einer Zirrhose generell das Risiko, ein HCC zu entwickeln, stark erhöht. Weiter ist bekannt, dass mit Zunahme des Schweregrad einer Leberekrankung (chronische Hepatitis < Leberzirrhose < HCC) das Vorkommen des anti-HBc-Antigens (Antikörper gegen Hepatitis-B Core Antigen) steigt.
Wir wissen auch, dass nach einer erfolgreichen und rechtzeitig durchgeführten Therapie der Hepatitis C, das Risiko ein HCC zu entwickeln wieder verschwindet. Nun fragt es sich, wie es um das HCC Risiko steht, wenn zusätzich eine stumme chronische Hepatitis B vorliegt (anti-HBs neg, anti-HBc pos). Eine Studie aus dem Ann Intern Med geht der Frage nach, ob anti-HBc-Antikörper ein Marker für ein erhöhtes HCC-Risiko sind.

Studiendesign
Eingeschlossen wurden Patienten, welche eine chronische Hepatitis C aufwiesen sowie eine latente Hepatitis-B Koinfektion hatten (HBs-Antigen und HBV-DNA negativ, anti-HBc-Antikörper positiv). Diese wurden in 2 Gruppen eingeteilt, Gruppe A mit chronischer Hepatitis, Gruppe B mit zusätzlich bereits vorhandener Leberzirrhose. Insgesamt wurden 872 Patienten in die Studie eingeschlossen, von diesen hatten 384 eine Leberbiopsie zur histologischen Sicherung oder Ausschluss einer Leberzirrhose, bei den restlichen 488 wurde ein Score (Thrombozyten, ALAT/ASAT-Verhältnis, Quick) zur Einteilung in dieAbb. Ikeda et al. Gruppe A oder B verwendet.

Zusätzlich wurde bei 224 Patienten eine Interferon-alpha bzw. Interferon-Beta-Monotherapie zur Behandlung der chronischen Hepatitis C durchgeführt.
Die Beobachtungsperiode dauerte insgesamt 10 Jahre (1995-2005).

Resultate
Die wichtigsten Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Insgesamt entwickelten 28% aller Patienten ein HCC (16% der Patienten mit chronischer Hepatitis sowie 53% der Patienten mit bereits vorhandener Zirrhose). In der Zirrhosegruppe konnte ein eindeutiger Zusammenhang mit anti-HBc-Positivität sowie vermehrtem Auftreten eines HCC festgestellt werden. Interessanterweise konnte in der "Nur chronische Hepatitis"-Gruppe (Gruppe A) kein direkter Zusammenhang zwischen anti-HBc-Positivität und vermehrtem Auftreten eines HCC festgestellt werden. Allerdings konnte gezeigt werden, dass Patienten, die besser auf die antivirale Therapie mit Interferon angesprochen haben, deutlich weniger ein HCC entwickeln.

Schlussfolgerungen / Kritikpunkte
Bei Vorliegen von anti-HBc-Antikörpern bei chronischer Hepatitis C und Leberzirrhose besteht ein 1.5-fach erhöhtes Risiko, ein HCC zu entwickeln! Dies gilt jedoch nicht für Patienten, welche keine Zirrhose aufweisen! Die Autoren meinen, dass dies mit der zuwenig langen Beobachtungszeit zusammenhängt, hier sind sicher die Resultate weiterer Studien abzuwarten.
Weiter kann gesagt werden, dass eine erfolgreiche frühzeitige (vor Vorliegen einer Zirrhose!) Interferon-Therapie das Risiko, später ein HCC zu entwickeln, senken kann.Abb 2, Ikeda et al. 

Die Studie wurde noch mit Interferon-Monotherapie durchgeführt. Heute werden nur noch Kombinationstherapien mit pegyliertem Interferon und Ribavirin eingesetzt. Es ist aber kaum anzunehmen, dass dies das Resultat verändern würde. Der Alkoholkonsum hatte in dieser Untersuchung keinen Einfluss auf das HCC-Risiko. Allerdings war ein hoher Alkoholkonsum (> 2 Glas Wein/ Tag) in dieser Untersuchung selten, sodass diese Studie einen allfälligen Effekt des Alkoholkonsums auf das HCC Risiko nicht wirklich ausschliessen kann. 

Unsere Empfehlung
Patienten mit einer chronischen Hepatitis C müssen zwingend auf eine chronische Hepatitis B getestet werden, resp.eine anti-HBc Serologie haben. Falls dies der Fall ist, muss auch nach erfolgreicher Interferon-Therapie an ein HCC gedacht werden.

Quelle: Ikeda et al., Ann Intern Med 2007, 146: 649-656