Orale Dekontamination mit Antiseptika verhütet Pneumonien bei intubierten Patienten
Die häufigste Komplikation der Intubation ist die spitalerworbene Pneumonie. Ein Teil des Problems ist, dass bei der Intubation Keime aus der Mundhöhle in die Trachea transportiert werden. Kann das Risiko durch vorgängige Dekontaminatin reduziert werden?
Eine im BMJ erschienene Metaanalyse untersucht den Einfluss oraler Antiseptika oder Antibiotika auf die Inzidenz von Pneumonien. 7 der 11 analysierten Studien mit insgesamt 3242 Patienten (heterogenes Krankengut) ergeben ein vermindertes Risiko (RR 0.56) unter antiseptischer Dekontamination.
Die Inzidenz Ventilator-assoziierter Pneumonien (VAP) dürfte gemäss Angaben der Autoren zwischen 9 und 27% betragen und ist mit einer hohen Mortalität vergesellschaftet. Eine wichtige Quelle stellt die Flora des oberen Verdauungstraktes dar (Aspiration). Aus epidemiologischen Ueberlegungen (Resistenzproblematik) ist die Vorbeugung mittels Antiseptika gegenüber prophylaktischer Antibiotikagabe überlegen. Die bisherigen Untersuchungen erbrachten für beide Vorgehensweisen keine eindeutigen Vorteile. Dennoch wird offenbar in europäischen Ländern mehrheitlich eine orale Dekontamination mit Chlorhexidin praktiziert.
Geprüft wurden aus verschiedenen Datenbanken (nicht zwingend doppelblind) randomisierte Studien zwischen 1966 und 2006 (inkl. Metaanalysen), die den plazebokontrollierten Effekt von Antibiotika oder Antiseptika untersuchten; den Einschlusskriterien hielten 11 der 298 gescreenten Untersuchungen stand. Primäre Endpunkte waren das Auftreten (klinisch, radiologisch, faktultative Keimanalyse) von Pneumonien und Mortalität. Sekundäre Endpunkte waren die Intubationsdauer und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation.
Vier der eingeschlossenen Studien (1098 Patienten) untersuchten den Effekt der oralen Dekontamination mittels Antibiotika und erbrachten in der Metaanalyse keine Verminderung von Pneumonien intubierter Patienten. Hingegen ergab die Metaanalyse der restlichen 7 Studien (2144 Patienten), die ein Antiseptikum wie Chlorhexidin einsetzten, eine signifikante Reduktion von Pneumonien (RR 0.59, 0.39-0.81) mit einer number needed to treet von 14 (10-31). Gemäss Subgruppenanalyse zeigte sich allerdings ein moderaterer Effekt bei den doppelblind (vs. einfach verblindet durchgeführten Studien) und den medizinischen (oder heterogenen vs. den chirurgischen) Patienten. Kein Effekt zeigte sich bezüglich Beeinflussung der Mortalität, der Intubationsdauer und der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation, was, gemäss Autoren, möglicherweise auch auf die verhältnismässig geringe Patientenzahl zurückzuführen ist.
Wie auch von den Autoren dargelegt, ist aufgrund der Art der eingeschlossenen Studien, der Heterogenität der Patienten, der jeweils unterschiedlichen Definition der Pneumonie und der Art der Applikation des Antiseptikums – die jeweils von Studie zu Studie variiert – keine endgültige Aussage ob der Nützlichkeit oraler Antiseptika möglich. Dementsprechend ist es auch zu früh, um entsprechende Empfehlungen abzugeben. Wie nicht selten verbleibt die Hoffung auf klärende Studien in der Zukunft…