Leben mit Tieren – nicht immer harmlos

Von Hundebissen und Katzenkratzern – um nur einige zu nennen
Dr. Patrick Schmid, Kantonsspital St. Gallen

Es heisst zwar: "Die Hand, die einen füttert, soll man nicht beissen." Aber manchmal halten sich unsere lieben Haustiere nicht daran. Anhand dreier Fallbeispiele wurde illustriert, welche Krankheiten durch Kratzer, Bisse und Kot von Katzen bzw. Hunden übertragen werden können.

Fall 1: Ein 7jähriges Mädchen, welches seit 6 Wochen eine junge Katze hat, präsentiert sich mit einer 4cm grossen, rechtsseitigen Lymphknotenschwellung seit 3 Wochen und subfebrilen Temperaturen. Bei positiver Bartonella henselae-Serologie kann die Diagnose einer Katzenkratzkrankheit gestellt werden. Diese ist eine häufige Ursache für eine unilokuläre Lymphadenopathie bei unter 20jährigen. Der Erreger wird durch Katzenflöhe von Katze zu Katze übertragen und durch Kratzer der Katze auf den Menschen (daher der Name "Katzenkratzkrankheit"). Innert 3-10 Tagen bildet sich an der Eintrittsstele eine juckende Papel/Pustel. Nach ca. 3 Wochen tritt eine lokalisierte Lymphadenitis auf. In 10% kommt es zur Abszedierung und in 30% zu Fieber und Malaise. Da normalerweise nach 2-4 Monaten eine Spontanheilung eintritt, ist in der Regel kein Antibiotikum nötig. Bei besonders schweren Verläufen können eine 5tägige Therapie mit Azithromycin bzw. eine Entlastungspunktion bei Abszedierung diskutiert werden. Das Parinaud´sche Syndrom ist ein atypischer Verlauf (in ca. 10%) mit granulomatöser Konjunktivitis und präaurikulärer Lymphknotenschwellung.

Fall 2: Ein Patient präsentiert sich 8h nach Katzenbiss in die rechte Hand mit Schmerzen. Es besteht eine Penicillin-Allergie. Die Infektionsrate nach Katzenbiss ist ca. 10x höher als nach Hundebiss (>50% versus 5%) und es dauert weniger lang bis zur Infektion (12 versus 24h). Bei jeder Bissverletzung sollte nach folgender Checkliste vorgegangen werden: 1. Untersuchung/Röntgen, 2. Kontrolle des Impfstatus (Tetanus/Tollwut), 3. Druckreinigung (Spülen mit 20ml NaCl-Spritze und 18G-Nadel), 4. Wundverschluss?, 5. Antibiotikum?. In der Schweiz gibt es jährlich noch bis zu 3 Tetanus-Fälle, v.a. bei älteren Frauen mit fehlender Grundimmunisierung. Bei weniger als 3 Tetanus-Impfungen sind Immunglobuline und bei >5 Jahre zurückliegender letzter Impfung eine Boosterung indiziert. In der Schweiz sind alle auf dem Land lebenden Tiere tollwutfrei. Tollwutgefahr besteht noch bei Fledermäusen und illegal importierten, nicht geimpften Tieren. Im Zweifelsfall, wenn das Tier nicht während 10 Tagen beobachtet werden kann, empfiehlt das BAG eine postexpositionelle Tollwutprophylaxe. Grundsätzlich sollte bei Bissverletzungen kein primärer Wundverschluss erfolgen (Ausnahme: Gesicht; evtl. Sekundärverschluss nach 72h). Das erwartete Keimspektrum (Aerobier: Strepto- und Staphylokokken, Pasteurellen, Capnocytophaga canimorsus, …; Anaerobier: Bacteroides, Prevotella, …; in 60% Mischinfektionen) wird durch Amoxicillin/Clavulansäure am besten abgedeckt. Bei Penicillin-Allergie kann auf Ciproxin/Dalacin ausgewichen werden. Eine prophylaktische Antibiotika-Gabe während 3-5 Tagen empfiehlt sich bei erhöhtem Infektionsrisiko (Hand, tiefe/ausgedehnte Wunden, Knochen-/Gelenk-/Prothesenähe sowie immungeschwächte/ältere Patienten – cave: St.n. Splenektomie). Bei Vorliegen einer Infektion sollte während mindestens 10 Tagen therapiert werden.

Fall 3: Eine 25jährige Frau erfährt, dass sie schwanger und Toxoplasmose-negativ ist. Muss sie ihre junge Katze weggeben, um einer kongenitalen Toxoplasmose vorzubeugen? Nein, eine Expositionsprophylaxe genügt. Die Katzen sind während 2-3 Wochen über im Kot ausgeschiedene Oozysten ansteckend. Damit sich die Katze nicht infiziert (Ansteckung über Mäuse und Vögel), darf sie nur in der Wohnung gehalten und mit Dosenfutter ernährt werden. Schwangere sollten Kontakt mit Katzenkot vermeiden (Handschuhe bei der Gartenarbeit, Obst/Gemüse gut waschen) und auf den Genuss von rohem/ungenügend gegartem Fleisch (Bradyzoiten in Zysten) verzichten. Ist am Ende der Schwangerschaft eine Serokonversion bzgl. Toxoplasmose nachweisbar, empfiehlt sich ein Screening und allenfalls eine Therapie des Kindes (keine gute Evidenz für pränatale Therapie). Das Vollbild der kongenitalen Toxoplasmose mit Hydrocephalus, verkalkten Herden im ZNS und Chorioretinitis ist sehr selten. Bei planzentarer Toxoplasmose-Übertragung entwickeln 80% der Kinder bis zum 20. Lebensjahr eine Chorioretinitis (verzögerte Manifestation). Das Risiko für eine kongenitale Toxoplasmose steigt mit dem Gestationsalter bei Serokonversion (v.a. 2.u. 3. Trimenon).

Die vollständige Präsentation des Vortrags (pdf-file) finden Sie hier