HIV-PEP: Die Pille danach

Kann eine Infektion mit HIV nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Person noch verhindert werden. Vermutlich schon. Die neue Empfehlung der FKT sagt, wie es geht.

Die Fachkommission Klinik und Therapie HIV/AIDS (FKT) hat in ihrer jüngsten Empfehlung den neusten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis eingebaut. Gegenüber der ersten Empfehlung von 1997 hat sich nichts Grundlegendes verändert. Die Evidenz ist in etwa die Folgende:

  • Eine Post-Expositionsprophylaxe (PEP) kann nach einem ungeschützten Sexualkontakt mit einem HIV-infizierten Partner eine HIV-Infektion in vielen Fällen verhindern
  • Um wirksam zu schützen, sollte die Prophylaxe möglichst rasch eingeleitet werden, eine Wirkung nach 24 Stunden wird als unwahrscheinlich angesehen. Die FKT gibt als maximales Zeitfenster 48(-72) Stunden.
  • Der Einsatz hängt vom Risiko einer Infektion beim Partner ab. In der Regel ist die PEP nur sinnvoll, wenn eine HIV-Infektion beim Partner bekannt ist.
  • Eine PEP sollte mindestens während 2 Wochen eingenommen werden. Eine Einnahme während 4 Wochen ist angesichts der Packungsgrösse der Medikamente sinnvoll.
  • Besser ist es, sich mit Kondomen vor einer Infektion zu schützen.

Einige Punkte sind jedoch neu und speziell zu beachten:

  • Das Risiko einer Infektion mit einem Partner der unter einer gut wirksamen Behandlung steht ist so gering, dass auf eine PEP verzichtet werden kann.
  • Eine Nachkontrolle soll 3 Monate nach Abschluss der PEP durchgeführt werden. Spätere Kontrollen bei der exponierten Person erübrigen sich.

Die neuste Empfehlung (BAG-Bulletin Sept. 2006) können Sie hier als pdf runterladen.

Die Empfehlung der FKT, eine PEP nur in begründeten Fällen (Partner bekannt HIV-positiv, nicht antiviral behandelt) durchzuführen, decken sich mit einer neusten Publikation aus Frankreich, welche aufgrund einer Kosten-Nutzen Analyse die PEP eindeutig auf Fälle mit klarem Risiko beschränken.

Die Arbeit aus Frankreich (Herida et al, AIDS, 22.8.2006; 20:1753) untersuchte fast 9000 PEP-Episoden, die in Frankreich durchgeführt wurden. Weniger als ein Drittel dieser PEP wurde bei Exposition mit einem HIV-pos. Partner durchgeführt. Man schätzte, dass der Einsatz von knapp 9 Mio Euro für diese PEP etwa 7-8 Infektionen hatte verhindern können. Mehr als zwei Drittel aller PEP hatten eine sehr schlechte Kosteneffizienz (>200’000 Euro pro Lebensqualität-korrigiertes Lebensjahr). Vergleicht man diese Zahl mit dem Aufwand einer HIV-Therapie (ca. 10’000 EUR /QaLY) so muss man doch sagen, dass diese Intervention viel zu häufig indiziert wurde.
Die untenstehende Tabelle gibt Auskunft über die Kosteneffizienz einer PEP. Aufgrund dieser Tabelle ist die einzige Situation, in welcher eine PEP Behandlung nach Exposition mit einem Partner mit unbekanntem Serostatus indiziert ist ein rezeptiver analverkehr mit einem Mann. Alle anderen Sexualkontakte mit einem Partner mit unbekanntem Serostatus sind keine sinnvolle Indikation für eine PEP.

Lesen Sie auch das Editorial von Michelle Roland zum Artikel von Herida et al.

Tabelle zur Kosten-Nutzen-Analyse aus Herida et al:

Tab 2, Herida et al