Nekrotisierende Fasziitis – immer noch eine klinische Diagnose!

In der April-Ausgabe des BMJ ist ein lesenswerter klinischer Review-Artikel zum Thema nekrotisierende Fasziitis erschienen. Er enthält zwar keine grundlegend neuen Erkenntnisse, fasst aber die wichtigen Punkte dieses mit einer Inzidenz von geschätzten 500 Fällen/Jahr (England) seltenen, mit einer Mortalität von ca. 25% aber höchst lebensbedrohenden Krankheitsbildes zusammen.

Am häufigsten können Streptokokken als Erreger nachgewiesen werden, wobei den meisten Infektionen ein polymikrobielles Keimspektrum zugrund liegt. Dementsprechend empfiehlt sich eine Breitspektrum-Antibiose als empirische Therapie, welche gegen grampositive Kokken, gramnegative Stäbchen und Anaerobier wirksam ist. Im KSSG erfolgt üblicherweise eine empirische Therapie mit Augmentin (2,2/8h) – sollten nosokomiale Erreger in Frage kommen dann mit Imipenem (500 mg/8h) , in beiden Fällen in Kombination mit Clindamycin (600-900mg/8h), um zusätzlich die Proteinbiosynthese und damit Toxinbildung zu hemmen, zumindest solange bis Streptokokken als Erreger ausgeschlossen sind,  oder  der Infekt unter Kontrolle ist.


Die Ätiologie der nekrotisierenden Fasziitis bleibt weitgehend ungeklärt, oft besteht ein vorausgegangenes Trauma, welches auch trivial sein kann (z.B. Insektenstich). Prädisponierende Faktoren sind Immunsuppression, hohes Lebensalter,  chronische Niereninsuffizienz ,PAVK, Diabetes mellitus, sowie intravenöser Drogenabusus. Die nekrotisierende Fasciitis kann an jeder Stelle des Körpers auftreten. Extreme Schmerzen bei einem klinisch wenig eindrücklichen Befund  sollten uns in Alarmbereitschaft versetzen. Typisch ist eine rasche Progression – allerdings sind auch Verläufe über Tage beschrieben – wobei sich die Haut von tief-rot nach dunkelblau verfärbt, ev. Hämorrhagien, Bullae und schliesslich Nekrosen ausbildet. Krepitationen als charackteristisches Symptom sind lediglich in 37 % derFälle nachweisbar , konventionell radiologisch findet man immerhin in 57% der Fälle Lufteinschlüsse (Elliot  DC et al. 1996), wobei das Fehlen dieser Symptome die Diagnose keineswegs ausschliesst.

Unbehandelt entwickelt sich rasch ein septischer Schock mit Multiorganversagen. Der diagnostische Wert von Biopsien/FNP zur histologischen und kulturellen Untersuchung ist aufgrund falsch negativer Resultate und langer Dauer gering. CT oder besser MRI Untersuchungen helfen,  die Diagnose zu sichern und vor allem auch das Ausmass des Infektes darzustellen, sollten letztendlich die Therapie aber nicht verzögern. Bei klinischem Verdacht auf eine nekrotisierende Fasziitis ist eine rasche chirurgische Exploration unverzichtbar, denn nur durch ein Debridement, kann der Infekt eingedämmt und der fatale Verlauf aufgehalten werden. Bei nachgewiesener nekrotisierender Fasciitis ist eine chirurgische Reexploration nach 24-48h obligat, um sicherzustellen, dass der Infekt nicht weiter fortschreitet. Der Einsatz von hyperbarem Sauerstoff in der Therapie der nekrotisierenden Fasziitis wird kontrovers beurteilt. Diese Therapie ist ausserdem nur an wenigen Zentren in der Schweiz verfügbar. Für eine generelle Empfehlung ist die derzeitige Studienlage nicht ausreichend.
Letztendlich bleibt die nekrotisierende Fasziitis eine klinische Diagnose, die bereits bei Verdacht ein rasches, aggressives Handeln erfordert.

Quelle: Hasham S et al. BMJ 2005