Pneumokokken-Impfung als Antwort auf Probleme mit Antibiotika-Resistenz
Die Häufigkeit von Antibiotika-resistenten Pneumokokken nimmt weltweit zu. Die Entwicklung von neuen Antibiotikaklassen ist schleppend. Eine Surveillance Study in der Region um Atlanta zeigt erstmals auf, dass eine Impfung eine wunderbare Prophylaxe sein kann die auch die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen reduziert.
Die Resistenz von Pneumokokken gegenüber Antibiotika ist ein ernstes Problem. Vor gut zwei Jahren haben wir schon über die Zunahme der Chinolon-Resistenz in den USA berichtet. Auch in der Schweiz nimmt die Rate von Pneumokokken mit veminderter Empfindlichkeit gegenüber Penizillin zu (Bulletin, Juli 2002). Die Möglichkeiten, solche resistenten Bakterien zu behandeln werden immer geringer. Heute haben nur noch 4 internationale Firmen aktive Forschungsprogramme zur Entwicklung von Antibiotika. Seit über 20 Jahren wurde keine neue AB-Klasse entdeckt; ein Lichtblick ist der Bericht über die Entdeckung einer neuen Substanzklasse vor ca. einem Jahr (s. unseren Beitrag).
Als eine Möglichkeit, sich gegen die wachsende Resistenzproblematik zu wehren, wurde die Entwicklung von Impfstoffen gegen bakterielle Infektionen propagiert. Der neuste Bericht aus Atlanta ist ein Hinweis, dass dieses Konzept tatsächlich wirken könnte. In den USA wird seit 2000 die Impfung mit einem hepta-valenten Pneumokokken-Impfstoff empfohlen. Noch besser ist die Schutzwirkung mit dem nona-valenten Impfstoff, doch dieser ist noch nicht in der Routine eingeführt.
Die Studie von Stephens et al. (Lancet 12.3.05) hat die Fälle von invasiver Pneumokokkenerkrankungen in der Zeit zwischen 1994 und 2002 in Atlanta aufgearbeitet. Dabei wurde der Effekt der Impfung auf die Inzidenz der Pneumokokkeninfektionen untersucht. Wie die erste Abbildung zeigt, nehmen die Amerikaner die Impfempfehlung sehr ernst. Innert zwei Jahren waren 70% und nach drei Jahren praktisch 90% der Kinder geimpft. Was zu erwarten war: Die Inzidenz der invasiven Pneumokokkenerkrankungen bei Kindern unter 2 Jahren fiel dramatisch ab, nämlich um 84%. Doch interessant ist, dass dieser Abfall der Inzidenz nicht nur bei den Geimpften zu beobachten war, sondern dass es insbesondere auch bei älteren Menschen über 65 zu einem drastischen Abfall der Inzidenz invasiver Pneumokokken-Erkrankunge kam. Dies entspricht der Situation, wie wir sie von der Grippeimpfung kennen. Auch bei der Influenza könnten wir am meisten Infektionen bei älteren Menschen verhindern, wenn wir Klein- und Schulkinder imfpen würden, wie uns dies die Japaner vor 30-40 Jahren vorgemacht haben (Reichert et al, NEJM, 22.3.01).
Noch bedeutsamer aber ist, was in der unteren Abbildung rechts dartestellt ist. Seit der Einführung der Pneumokokkenimpfung ging nicht nur die Zahl der Erkrankungen (links) zurück, sondern mit diesem Rückgang (und der damit verbundenen Abnahme des Antibiotika-Verbrauches) ging auch die Rate der Makrolid-Resistenzen bei den Pneumokokken zurück. Dieses Resultat ist in seiner Deutlichekeit überraschend. Mir ist kein anders Beispiel einer Intervention bewusst, bei welcher es so rasch zum Rückgang der Resistenzen kam.
Quelle: Stephens et al, Lancet 2005;365:855-63