Mögliche Mensch-zu-Mensch Übertragung der Vogelgrippe

Bisher sind 52 Menschen an der Vogelgrippe in Asien erkrankt und 39 davon an der Infektion gestorben. Fast ausnahmslos waren die bisher erkrankten Personen in direkten Kontakt mit infizierten oder an der Vogelgrippe verendeten Hühnern gekommen. Eine Untersuchung eines Familien-Klusters in Thailand lässt nun jedoch eine Mensch-zu-Mensch Übertragung als wahrscheinlich erscheinen.

Seit Beginn 2004 hat die Epidemie von hochpathogenen Vogelgrippe-Viren (H5N1) weite Teile Asiens erfasst. Das Virus konnte nicht nur in Hühnerfarmen, sondern auch bei Wasservögeln (die asymptomatische Träger sind) und bei Wandervögeln nachgewiesen werden. Zudem infizierte das Virus grosse Raubkatzen, die in einem thailändischen Zoo notgeschlachtete mit Hühnern gefüttert wurden, die an der Vogelgrippe verendet waren. Bis zum 21. Januar 2005 sind zudem in Thailand und Vietnam 52 Menschen an der Hühnergrippe erkrankt, 39 davon sind der Infektion erlegen (Letalität 75%). In praktisch allen Fällen handelt es sich bei den infizierten um Personen (v.a. Kinder), die auf Hühnerfarmen lebten und direkten Kontakt mit infizierten Hühnern oder deren Kadavern hatten.

In einem Artikel im New England Journal of Medicine wurde ein Cluster von 3 Fällen innerhalb einer Familie untersucht. Der Indexfall war ein 11-jähriges Mädchen, das auf einer Hühnerfarm lebte, die von hochpathogenen Viren befallen war. Das Mädchen entwickelte eine interstitielle Pneumonie und verstarb wenige Tage später. Ihre Mutter und Tante, die das Mädchen vor dem Tod im Spital pflegten und engen Kontakt hatten, erkrankten an einer Pneumonie. Influenza H5N1 konnte mittels RT-PCR bei beiden nachgewiesen werden. Die epidemiologische Untersuchung ergab, dass nur das Mädchen als Infektionsquelle in Frage kommen konnte.

Das Auftreten von Mensch-zu-Mensch Übertragungen des Vogelgrippe-Virus wird gefürchtet, denn es könnte den Beginn einer Pandemie markieren. In Anbetracht des Ausmasses des aktuellen Ausbruchs von Vogelgrippe in den Hühnerbeständen Asiens und in Anbetracht der Tatsache, dass zeitgleich menschliche Grippe Viren in der Bevölkerung zirkulierten, ist es erstaunlich, dass bisher noch kein reassortiertes Virus entstanden ist, das sich effizient unter Menschen verbreiten kann. Im Editorial geht Klaus Stöhr, der Koordinator des WHO Influenza Programms, u.a. auf diese Frage ein. Es könnte reiner Zufall sein, der dies bisher verhindert hat. Es wäre aber auch möglich, dass die reassortierten Viren nicht überlebensfähig oder weniger pathogen sind. In einem Sicherheitslabor in den USA werden nun Grippeviren reassortiert und die resultierenden Viren auf ihre Pathogenität und Transmissibilität untersucht. Ergebnisse sind jedoch nicht vor Ende des Jahres zu erwarten. Mindestens so lange ist die Pandemie-Gefahr, die vom momentanen Ausbruch der Vogelgrippe ausgeht, nur schwer einzuschätzen.

Weiter Informationen auch in weiteren Beiträgen zur Vogelgrippe.


Quelle: Ungchuanak et al, NEJM, 2005,
352:333