HIV-Demenz: Das Virus selbst verursacht den Schaden
Die HIV-Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns welche in fortgeschrittenen Stadien der Krankheit auftreten kann. Forscher aus Philadelphia fanden nur heraus, dass das HIV Virus selbst, und nicht die Entzündungsreaktion der Immunzellen für den Hirnschaden verantwortlich sind.
Die HIV-Demenz ist als eigenes Krankheitsbild schon 20 Jahre bekannt. Im fortgeschrittenen Immunschwächestadium entwickeln einige Patienten ein klinisches Bild, welches als sogenannte subkortikale Demenz bezeichnet wird, sich aber von der Altersdemenz unterscheidet. Die Patienten leiden unter Gedächtnisstörungen, Affektstörungen (typisch ein enthemmtes Verhalten) und in fortgeschrittenen Stadien unter Koordinations- und Bewegungsstörungen.
Die HIV-Demenz wird heute seltener gesehen. Schon mit der Einführung der HIV-Monotherapie 1987 fand sich ein deutlicher Rückgang der Fälle von HIV-Demenz. Wir wissen schon lange, dass HIV bereits bei der akuten HIV Infektion ins Gehirn gelangen kann. Das Virus kann lange Zeit im Gehirn verbleiben, ohne merkliche Störungen zu verursachen. Wie das Virus zur Schädigung der Nervenzellen führt war bisher unklar. Man vermutete, dass die Immunabwehr des Virus durch die CD8-T-Lymphocyten zu einer Schädigung der Nervenzellen führt. Man vermutete dass Cytokine der Immunzellen für den Zelltod verantwortlich waren.
Nun hat das Team von Roger Pomerantz die Ursache der Nervenzellschädigung unter die Lupe genommen. Die Autoren wollten wissen, ob der Zellschaden durch die Immunzellen (Makrophagen und T-Zellen) zustande kommt, oder ob dazu auch das HIV-Virurs selbst dafür verantwortlich sei. In ihren Experimenten verwendeten Sie Zellkulturen von Neuronenzellen welche mit Makrophagen entweder mit oder ohne HIV-Viren in Kontakt kamen. Die Nervenzellkulturen zeigten einen sogennannten programmierten Zelltod nur dann, wenn sie auch mit Viren in Kontakt kamen. Die Experimente waren so angesetzte, dass die Makrophagen in jedem Fall so aktiviert waren (dh. Cytokine produzieren) wie wenn sie mit HIV infiziert wären. Das Experiment weist also darauf hin, dass ein Protein des Virus selbst notwendig ist für die Zerstörung der Zellen.
Die Autoren gingen noch einen Schritt weiter. Sie konnten zeigen, dass HIV-infizierte T-Helferzellen in der Kultur ebenfalls zur Schädigung der Nervenzellen führten. Doch diese chronisch infizierten Zellen zeigten keine wesentliche Cytokine-Produktion. Damit scheint die bisher gängige Hypothese des indirekten Schadens der Nervenzellen durch Cytokine der Immunzellen falsch zu sein. Offenbar ist es das Virus selbst, welches einen Stoff entwickelt, der den Schaden einleitet. Die Gruppe hat auch erste Hinweise erarbeitet, dass dieser Mechanismus über den sogenannten Programmierten Zelltod (Apoptose) erfolgen. Beim programmierten Zelltod unterscheidet man einen intrinsischen und einen extrinsischen Weg. Beim extrinsischen Weg binden und aktivieren Protein an der Zelloberfläche an einen sog. Apoptose-Rezeptor, der dann im Zellinnern den programmierten Zelltod einleitet. Dieser Rezeptor wird offenbar von einem HIV-Protein angeregt.
Quelle: PNAS online (early edition, 21.4.04)