Schützt die Pocken-Impfung vor einer HIV-Infektion?

Vor wenigen Tagen teilten amerikanische Wissenschaftler mit, dass eine Pockenimpfung gegen eine HIV-Infektion schützen könnte. Es handelt sich um „sehr ermutigende“ Resultate einer kleinen in vitro-Studie, welche noch bestätigt werden müssen. Doch noch bevor in Wissenschaftskreisen eine Diskussion der nicht unumstrittenen Resultate in Gang kommen konnte, ist ein Patentsrechtsstreit entbrannt.

Wie das George Manson University’s National Center for Biodefense in einer Pressemitteilung vom 11.09.2003 mitteilt, gibt es Hinweise, dass die Pockenimpfung gegen eine HIV-Infektion schützen könnte. Die Wissenschaftler verglichen die HIV-Replikationsrate in vitro in je 10 Blutproben gegen Pocken geimpfter bzw. ungeimpfter Personen. Die HIV-Infektiosität war in den Blutproben der geimpften Personen signifikant um das Vierfache erniedrigt.

 

Der Mechanismus der partiellen Immunität Pocken-geimpfter Personen ist noch unklar. Die Idee an sich ist jedoch nicht neu. Vor fünf Jahren wurde bereits gezeigt, dass das Myxoma Poxvirus, ein Verwandter des inzwischen ausgerotteten Pocken-Virus, denselben Rezeptor CCR5 auf der Lymphozytenoberfläche wie das HI-Virus zur Zellinvasion benützt.

 

Zur Durchführung des Versuchs wurden die Wissenschaftler nach eigenen Angaben durch die Beobachtung angeregt, dass in Zentralafrika das Auftreten des HI-Virus mit der Abnahme der Immunität gegen Pocken einherging. Diese Theorie ist jedoch umstritten. Wayne Koff von der International AIDS Vaccine Initative sagte, er stehe dieser Interpretation epidemiologischer Daten „skeptisch“ gegenüber.

 

 

 

 

 

Die Resultate dieser in vitro-Studie müssen nun zunächst bestätigt werden. In einer ersten Reaktion zeigte sich Wayne Koff zurückhaltend und warnte davor, aus noch unbestätigten Labordaten „zu viele Schlüsse zu ziehen“. Und auch wenn sich die Resultate bestätigen sollten, muss bedacht werden, dass eine Pockenimpfung mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen behaftet ist.

 

Auch wenn noch nicht klar sei, welcher Mechanismus zur Immunität gegenüber HIV führe, sei dies doch „irrelevant“, da es für die immune Person schlussendlich „egal“ sei, ob eine HIV-spezifische Immunität bestehe, wie Ken Alibek des George Manson University’s National Center for Biodefense konterte. Mit der Pressemitteilung kamen die Wissenschaftler einer breiteren Diskussion ihrer Resultate in Spezialistenkreisen zuvor. Dass hinter diesem Vorgehen trotz der bescheidenen wissenschaftlichen Evidenz finanzielle Interessen stehen, zeigt der Zuwachs der Acambis-Aktie um 5,9 % nach der Pressemitteilung. Acambis ist der alleinige Pockenimpfstoffhersteller für die USA. Und so kann es den Wissenschaftlern auch „egal“ sein, dass ihre Resultate von der Zeitschrift JAMA zur Publikation abgelehnt worden waren…

 

 

Pressemitteilung des George Manson University’s National Center for Biodefense vom 11.09.2003