SARS-Update 01.05.03
Am 30.04.2003 hat die WHO die Reisebeschränkungsempfehlung gegen Toronto (Kanada) wieder aufgehoben. Am 29.04.2003 hat das CDC genauere Case-Definitions veröffentlicht, welche auch Laborresultate mit einbezieht. In Peking (China) breitet sich SARS rasant aus – das Gesundheitssystem steht vor dem Zusammenbruch.
Weltweit scheint sich die Situation etwas zu beruhigen, und man gewinnt den Eindruck, dass es zumindest ausserhalb Chinas gelungen ist, die Übertragungswege des SARS-Erregers (humanes Pneumonie-assoziiertes Coronavirus) zu unterbrechen. Obwohl in der letzten Woche die Fallzahlen in Kanada nochmals deutlich zugenommen hatten, hat die WHO Toronto gestern (30.04.03) von der Liste der Länder mit eingeschränkter Reiseempfehlung gestrichen. In den letzten >14 Tagen war es in Toronto zu keiner Community-Transmission (d.h. Übertragung des Virus ausserhalb eines Spitals) mehr gekommen, was dafür spricht, dass die Übertragungswege unterbrochen sind und die Epidemie in Toronto möglicherweise auch zukünftig unter Kontrolle gehalten werden kann. Auch in Hongkong und Singapur gehen die SARS-Fallmeldungen gemäss WHO zurück. Schon seit einigen Tagen gilt Vietnam als „SARS-frei“.
Beunruhigend ist hingegen die Situation in China. Die Behörden Pekings melden, dass nicht genügend Spitalbetten und Fachpersonal zu Verfügung stehen, um die mehr als 100 täglich neu auftretenden SARS-Verdachtsfälle rechtzeitig zum isolieren und medizinisch zu behandeln. Da eine Isolation nicht gewährleistet werden kann, ist eine breite Verbreitung des Virus bei weiterhin unkontrollierten Übertragungswegen möglich und wahrscheinlich. Ausserhalb Pekings wurde ein neues provisorisches Spital über Nacht aus dem Boden gestampft, um die grosse Anzahl an Betroffenen behandeln und v.a. isolieren zu können. Tausende von Chinesen sind inzwischen isoliert worden, die Zahl SRAS-Toten in der Hauptstadt stieg inzwischen nach offiziellen Angaben auf 75 (China total 159).
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Innerhalb Chinas stellen insbesondere Wanderarbeiter und Studenten eine Gefahr dar. Diese könnten durch ihre Reisen den Virus weiter verbreiten. Was den Behörden bei der chinesischen Bevölkerung nicht gelingen will, soll zumindest bei den Tieren des Pekinger Zoos besser gemacht werden. Um einer Ansteckung der Tiere mit dem SARS-Virus zuvorzukommen, werden die Tiere neuerdings mit Vitaminen und traditionellen chinesischen Kräutern gefüttert.
SARS stellt für China und die gesamte asiatische Region eine immer grösser werdende Bedrohung dar, solange die Übertragung des Virus nicht eingedämmt werden kann. Dies scheint nun insbesondere aufgrund der zunächst mangelhaften chinesischen Mitarbeit zu scheitern, welche eine unerkannte Verbreitung des Virus ermöglichte. Die Vertreter der asiatischen Staaten haben nun grenzüberschreitende Massnahmen zum Kampf gegen die Ausbreitung von SARS beschlossen. Dies ist auch als Zeichen gegenüber der restlichen Weltgemeinschaft zu verstehen, liegt doch die Wirtschaft dieser Staaten zusehends am Boden. So mussten die Konjunkturprognosen für den asiatischen Raum von der asiatischen Entwicklungsbank nach unten korrigiert werden.
Inzwischen hat das CDC neue verfeinerte Case Definitions (SARS-Falldefinition) veröffentlicht. In den erweiterten Definitionen werden die bisher gewonnenen klinischen Daten und neu auch Laborergebnisse berücksichtigt. Dies wird es in Zukunft erlauben, mit einer grösseren Genauigkeit Aussagen über die Wahrscheinlichkeit eines SARS-Verdachts im Einzelfall zu machen.
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Dies ist z.Z. wichtig, da sich die Diagnose weitgehend noch auf klinische Merkmale richten muss. Tests mit einer guten Sensitivität (d.h. die Krankheit wir sicher erkannt) und Spezifität (d.h. der Erreger wird nicht bei Gesunden nachgewiesen) sind nach wie vor nicht erhältlich, obwohl die Wissenschaftler weltweit an einem verlässlichen Testverfahren arbeiten. Zwar sind schon heute Tests vorhanden, diese können jedoch noch relativ häufig falsch negativ sein (d.h. eine Erkrankung wird nicht erkannt). Aus diesem Grund kann man sich heute noch nicht 100%ig auf die vorhandenen Tests verlassen – und auch nicht aufgrund eines negativen Tests die Isolation aufheben.
Besonders wichtig ist ein verlässliches Testverfahren in China. In Europa kann eine SARS-Erkrankung bei einem fehlendem SARS-Risiko (d.h. keine Reise in ein Risikogebiet innerhalb der letzten 10 tage, kein Kontakt mit einem identifizierten SARS-Patienten) trotz einer entsprechenden SARS-Symptomatik ausgeschlossen werden. Anders sieht dies in China aus, wo sich SARS immer schneller auszubreiten scheint und deshalb jeder Bürger einem (kleinen) Risiko ausgesetzt ist.