3TC: Selbst bei resistenten Viren noch aktiv !

Die Mehrheit der Patienten, die heute wegen ihrer HIV Infektion behandelt werden, haben 3TC in ihrem Therapie-Cocktail. Offenbar wirkt die Substanz auch wenn das Virus resistent ist.

Lamivudine (3TC), hat sich zum Standard fast jeder HIV-Therapie durchgesetzt. Schon 1995 ist Eron bei der ersten Phase III Studie aufgefallen, dass selbst nach einem Jahr Monotherapie mit 3TC trotz Resistenzbildung die Viruslast unter dem Ausggangswert war. Eine Arbeitsgruppe von Mark Wainberg hat nun entdeckt, weshalb 3TC auch noch gegen resistentes Virus wirkt und insbesondere auch dann, wenn 3TC Teil einer Kombinationstherapie ist.

Es war bisher schon bekannt, dass die Punktmutation (184) der Reversen Transkriptase, welche das Virus gegenüber 3TC resistent macht, besondere Eigenschaften hat: Das so mutierte Virus scheint weniger fit zu sein. Das heisst, es kann sich nicht so schnell vermehren wie normales HIV. Jetzt haben Wainberg und sein Team noch gezeigt, dass in den natürlichen Wirtszellen (Lymphocyten) noch unbekannte Processe ablaufen, welche in Labor-Zelllinien nicht vorkommen.

Die Autoren fanden, dass das 3TC, welches durch resistentes Virus in die Erbsubstanz eingebaut wurde (anstatt die Kopie der Erbsubstanz zu unterbrechen) bei einem zweiten und dritten Vermehrungsschritt (erneuter Kopiervorgang) eine grosse Tendenz hatte, den Kopiervorgang abzubrechen. Mit anderen Worten: Wenn wir zur Beurteilung einer Resistenzlage lediglich den ersten Kopiervorgang messen (was in phänotypischen Resistenztestes üblicherweise gemacht wird), dann erkennen wir nur einen Teil der Wahrheit.

Tatsächlich ist die hemmende Wirkung von 3TC viel komplexer und sie wird im Zusammenspiel mit anderen antiviralen Substanzen noch potenziert. Die Ergebnisse zeigen die Kompexizität des Resistenzproblems und zeigen auch, weshalb Medikamente manchmal noch eine Wirkung haben können, wenn dies von der Resistenzlage kaum zu erwarten wäre.

Quan et al, AAC, 2003; 47:747-54