7. St. Galler Infekt-Tag; 21. März 2002, Zusammenfassung
Eine Auswahl von Referaten am 7. St. Galler Infekttag, zusammengestellt von den Assistenzäartzen und -ärztinnen des Fachbereichs.
Babesia und Ehrlichia: Schwarzfahrer im Zeckentram- selten oder nur selten erkannt?
Prof. Dr. R. Weber, Universitätsspital Zürich
Anhand zweier klinischer Fälle stellt Herr Weber die beiden Erreger vor. In dem einen Fall wurde primär eine Infektion mit Barbesia microti als Malaria diagnostiziert, da das typische erythrozytäre Einschlusskörperchen in Form eines Malteserkreuzes der Barbesien fälschlicherweise als Plasmodien verkannt wurde.Bei den Barbesien unterscheidet man zwei Haupttypen: die Barbesia microti, überwiegend in den USA vorkommend und die Barbesia divergens, die in geringer Zahl in Europa vorzufinden ist. Die Erkrankung erfolgt über Zecken der Spezies Ixodes, evtl. über Mäuse (ein Lebenszyklus findet in Mäusen statt) und auch über Transfusionen. Barbesia divergens wurde in der Schweiz bei Küken gefunden. Menschen sind nahezu ausschliesslich bei starker Immunsuppression oder nach Splenektomie betroffen.Die Diagnose erfolgt mikroskopisch oder serologisch. Differentialdiagnostisch muss vor allem an die Malaria gedacht werden. Clindamycin und Chinin sind Therapie der Wahl.Auch bei einer nachgewiesenen Borrellien-Infektion muss an eine Koinfektion, z.B. einer Ehrlichiose gedacht werden. In dem vorgestellten Fall handelt es sich um einen Studenten mit Fieber, Erbrechen, Myalgien und einem Erythema migrans. Neben einer positiven Borrellienserologie konnten auch Erlichien nachgewiesen werden.
Dabei handelt es sich um gramnegative Bakterien aus der Ordnung der Rickettsien, die in Monozyten und Granulozyten gefunden werden, wobei in Europa nur die granulozytäre Form vorkommt. Die Klinik ist unspezifisch mit Leukopenie, Thrombopenie und einer transienten Erhöhung der Transaminasen. Die Diagnose erfolgt mittels einem 4fachem Titeranstieg in Verbindung einer positiven Serologie oder Mikroskopie. Einen Hinweis für einen chronischen Verlauf bei Gesunden gibt es bisher nicht. Man vermutet jedoch, dass bei einer Koinfektion mit Borrellien der klinische Verlauf unterschiedlich ist im Vergleich zu einer Monoinfektion.
Virale Hämorrhagische Fieber: Ignoriert durch Kliniker oder aufgebauscht durch Virologen – ein Streitgespräch
Diejenigen Zuhörer, die ein regelrechtes Wortgefecht erwartet hatten wurden leider enttäuscht, wurden aber mit praktischen Informationen entschädigt. Zu einig waren sich Kliniker (Prof Galeazzi) und Virologen ( Dr. Schultze), dass es sich bei den viralen hämorrhagischen Fieberarten um sehr seltene Erkrankungen handelt.Die häufigsten Tropenkrankheiten sind Malaria, Dengue-Fieber, Hepatitiden und HIV.Zu oben genannter Gruppe gehören Krankheiten wie Ebola, Marburg-Fieber, Lassa-Fieber, Hanta- und Dengue-Fieber, Gelbfieber, Kim-Kongo-Fieber und das Riff Valley Fieber.Bis auf den Ebola- und Marburg-Virus erfolgt keine Übertragung von Mensch zu Mensch.Beim Ebola-Virus besteht eine Mortalität von 88%. Der Übertragungsweg ist nicht sicher bekannt, man vermutet jedoch sehr engen Körperkontakt und mangelnde hygienische Verhältnisse als unterstützende Faktoren. Das Dengue-Fieber ist selten hämorrhagisch, wesentlich häufiger bestehen grippale Symptome.Es ist sinnvoll bei Verdacht Tetrazyklinen zu geben, da differentialdiagnostisch vor allem an Rickettsiosen, eine bei uns wesentlich häufigere Infektionskrankheit mit ähnlicher Klinik, gedacht werden muss.
Was muss der Reisende wirklich beachten? Ein Ratgeber zur rationalen Reisevorbereitung
PD Dr. Ch. F. Hatz vom Schweiz. Tropeninstitut Basel
Dr. Hatz macht einen witzigen und sehr praxisnahen Vortrag.Er empfiehlt ein Gespräch von 20-40 Minuten Dauer, mindestens 6 Wochen vor einer geplanten Reise in ein Land wo man die Gegebenheiten nicht so kennt. Man denkt immer primär an Krankheiten, aber man muss auch an Unfälle (Verkehr) und Versicherungsschutz denken und an die Mitgliedschaft bei der Rega. Die häufigsten Probleme auf der Reise sind dann Erkältungen und Durchfälle, etwa 10x häufiger als alles andere. Als die gefährlichen Tropenkrankheiten beschreibt er Malaria. Meningitis, bakterielle Darminfekte, Typhus, Tollwut, Amöbeninfekte und hämorrhagisches Fieber.Seine erste Frage an Reisende ist: was machen Sie bei Kopfweh, Müdigkeit, Aggressivität, Abgeschlafftheit und Übelkeit? TRINKEN ist in 80% der Fälle das Hauptproblem.Durchfall: Cook it, boil it, peel it or forget it? Sicher immer noch hilfreich. Wenn es aber da ist: Trinken! Wenn kein Fieber evtl. Loperamid (nicht für Kinder). Bei Fieber evtl Chinolone aber die nicht als Prophylaxe.Sonne: Schützen, schützen, schützen: Kleidung, Kopfbedeckung, anbräunen. Sonnenschutz nicht unter Faktor 20, Sonnenbrille.Haut: Pflegen. Wunden reinigen und desinfizieren, fettende Salben bei trockener Haut (auch nach der Rückkehr).Reiseapotheke: Ohrentropfen und Kaugummi, Hustensirup, Augentropfen, Nasentropfen, Desinfektiva, saubere Spritzen und Verbandszeug, Repellentien, Kondome, Handschuhe und Antiseptika.Fieber: Thermometer, Paracetamol, Malariamedikamente, evtl. Tavanic oder Augmentin, persönliche Medikamente. (Hälfte im Koffer / Handgepäck)Mückenstiche: vorbeugen, schützen (Klimaanlage, Kleider, Repellentien, Netz).Chemoprophylaxe: je nach den lokalen Empfehlungen.
Gute Reise !
Der Schwarze Tod als Passagier. Eine seuchengeschichtliche Betrachtung
Dr. H. Kupferschmid.
Im Sept. 94 löste eine Meldung über eine Pest-Epidemie eine Massenflucht in Indien aus, das hatte auch Auswirkungen bis in die Schweiz, dahingehend, dass man sich fragte, was machen wir mit den Passagieren aus einem Flugzeug aus Indien? – Es gab dann keine Pestfälle in Jumbos.Begriffe die mit der Pest assoziiert sind: „Schwarzer Tod“ (weil die Akren wegen der Nekrose schwarz ausehen), „Todesengel“, „Gotteszorn“. „……..1. Pest-Pandemie: Justitianische Pest 532-595 n.Ch. . Ausgangspunkt war möglicherweise die Gegend von Alexandria und von dort ging es in die ganze bekannte Welt über den Mittelmeerraum, wahrscheinlich per Schiff.2. Pest-Pandemie: 1348-1720: Ausgangspunkt wahrscheinlich Südrussland und von dort wieder über das Mittelmeer in die meisten Länder Europas.3. Pest-Epedemie: 1720-22 in MarseilleWeiteres geschichtliches: Der Schutzheilige der Pest, der Heilige Rochus wird mit einer „Pestbeule“ (inguinaler LK) dargestellt. Die Juden wurden wieder einmal als potentielle Überträger der Seuche dargestellt. Ebenfalls stammt das Flagellantentum aus dieser Zeit, das waren Menschen die zur Busse , zum Teil reihenweise mit Selbstgeisselungen durch das Land liefen.Die Weg der Übertragung waren bis dahin noch nicht bekannt, es gab schon Überlegungen dass es eine Infektionskrankheit war, aber es hatte sich noch nicht durchgesetzt. Gegner dieser Ansicht legten sich dann zu Kranken ins Bett um zu demonstrieren, dass das nicht ansteckend war. Sie hatten oft Glück, da es sich nicht um eine Tröpfcheninfektion sondern um eine Übertragung via Vektor handelt (meistens!).4. Pest-Pandemie: 1896: China als Ausgangspunkt 1894, dann Indien 1896, Madagaskar 1898, USA 1900 und Australien 1910 und Ende wahrscheinlich 1960. Heute gibt es noch kleine Endemiegebiete, aber die Pest gilt ansonsten als ausgerottet.A. Yersin isoliert den Erreger erstmals aus einer Pestbeule 1994 in Hongkong, im gleichen Jahr isoliert S. Kitasato einen Erreger aus Herzblut, aber wahrscheinlich war das nicht der richtige Erreger. P.L. Simond beschreibt 1889 die Rolle der Ratten im Übertragungsmodus undA.W. Bacot und L.J. Marlin beschreiben 1914 die Rolle der Flöhe.Die Übertragungswege können folgendermassen aussehen:- Sylvatische Pest wildlebender Nager über Flöhe als Vektoren auf Ratten als „Ratten-Pest“ und von dort wieder über Flöhe auf den Menschen als „Menschenpest“. Von dort kann sie einerseits wieder via Floh als „Beulenpest“ übertragen werden oder aber vie Tröpfcheninfektion als Lungenpest und die verläuft meist tödlich und ist sehr ansteckend.Wenn man das jetzt betrachtet aus infektiologischer Sicht, dann ist es unsinnig, wie es in der Vergangenheit gemacht wurde, dass man die Ratten ausrottet, nein man muss sich um die Flöhe bemühen, so ist davon auszugen, dass die Insektizide einen wesentlichen Beitrag an der Ausrottung der Pestpandemie haben.