Entdeckung einer neuen Antibiotikaklasse

Während Bakterien immer resistenter auf die zur Verfügung stehenden Antibiotika werden, wird von vielen Pharmakonzernen die Aktivität zur Entwicklung neuer Antibiotika reduziert. Da ist der Bericht, dass die Firma Abbott eine neue Substanzklasse mit antibiotischer Wirkung entdeckt hat von Bedeutung – auch wenn der Weg zu einem neuen Medikament noch sehr weit ist.

Die Firma Abbott berichtet von der Entdeckung einer neuen Substanzklasse mit antibiotischer Wirkung. Obwohl Berichte über immer resistentere Bakterien immer häufiger werden, sind in den letzten Jahren kaum neue Antibiotika auf den Markt gekommen und nur wenige sind in der Entwicklung. Bei den wenigen neuen Produkten handelt es sich zudem meist um chemische Modifikationen von bereits bekannten Substanzen, so dass eine rasche Resistenzentwicklung vorhergesagt werden kann. Mit Linezolid wurde im Jahre 2000 letztmals Antibiotikum auf dem Markt eingeführt, dass zu einer gänzlich neuen Substanzklasse gehört, den Oxazolidinonen, und dessen Wirkungsweise sich von derjenigen bekannter Antibiotika grundsätzlich unterscheidet. Davor muss man bis ins Jahr 1980 zurückblättern, als die Chinolone in die Medizin eingeführt wurden.

Die neue Substanz (A-72310) ist wirksam Pneumokokken, Staphylokokken, H. influenzae und Moraxella catharralis und könnte somit zur Behandlung von Atemwegsinfektionen in Frage kommen. Dagegen hat sie keine Wirkung gegen Enterobakteriazeen (E. coli, Klebsielle, etc.) und gegen Pseudomonas aeruginosa. Chemisch hat sie eine gewisse Verwandschaft mit den Chinolonen. Überraschenderweise entfaltet sie ihre antibiotische Wirkung nicht über die Hemmung der Gyrase und Topoisomerase, sondern blockiert die Proteinsynthese über eine Hemmung der ribosomalen RNA. Gegen Pnemokokken und Staphylokokken, die gegen die bekannten Proteinsynthesehemmer (Tetrazykline, Makrolide, Aminoglykoside, Oxazolidinone, Chloramphenicol) resistent sind, ist bleibt die Wirkung vollumfänglich erhalten. Bisherige Untersuchungen haben auch gezeigt, dass die Toxizität gegen eukaryote Zellen gering ist.

Der Weg von der Entdeckung der neuen Substanzklasse bis zu einem neuen Antibiotikum ist jedoch noch sehr lang. Bei den Oxazolidinonen dauerte es beispielsweise 20 Jahre bis das Linezolid marktreif war. Nun müssen weitere Analoga gefunden werden mit einem verbesserten Wirkungsprofil bevor erste klinische Untersuchungen durchgeführt werden können.

Aber auch die Einführung einer neuen Antibiotikaklasse wird uns nicht von der Verpflichtung befreien, mit unseren antimikrobiellen Substanzen sorgfältig umzugehen. In den bisherigen Untersuchungen konnte nämlich in-vitro resistente Pneumokokken selektioniert werden. Sie entstehen durch Punktmutationen im Gen der 16S rRNA. Es handelt sich um zufällige Kopierfehler bei der Zelteilung und sie treten mit einer Frequenz von < 10-8 auf.