Emerging Infectious Diseases: SARS und Avian Influenza Virus

Als SARS-Erreger gilt ein bei einer der Mehrzahl der SARS-Patienten isolierter Coronavirus. Es darf aber nicht vergessen werden, dass –zumindest solange kein zuverläsiger Labortest vorliegt- die SARS-Falldefinition eine rein klinische ist. Es können auch weitere Viren, Bakterien oder nicht-ansteckende (infektiöse) Erkrankungen die unspezifische SARS- (schweres akutes Atemnot Syndrom) Symptomatik hervorrufen.

Das Grippe- (Influenza-) Virus ist ein alter Bekannter, der jedes Jahr einmal "vorbeikommt". Während dieses Jahres wandert es einmal um die Welt, wobei es sich durch spontane Änderungen seines Erbmaterials (Spontanmutationen) wandelt (= antigenic drift). Diese Mutationen kommen durch "Abschreibefehler" bei der Vermehrung der Viren zustande, wobei die wenigsten dieser Fehler ein Überleben des Virus ermöglichen. Aus diesem Grund ist jedes Jahr eine neue Impfung gegen den aktuellen Influenza-Stamm notwendig (vgl. Grippe-Impfung: eine wichtige Präventionsmassnahme im Alter).

Influenzaviren kommen aber nicht nur bei uns Menschen vor – auch Tiere leiden unter Influenzaviren. Der Begriff "Influenzaviren" bezieht sich auf eine ganze Gruppe ähnlicher Viren. Normalerweise machen die Influenzaviren, welche in Tieren vorkommen, den Menschen nicht oder nur geringfügig krank (und umgekehrt) – d.h. der Virus ist an seinen Wirt angepasst. Bei der Grippe gibt es jedoch einen Mechanismus, durch welchen Influenzaviren von Geflügel auf den Menschen übergehen kann. Zwar ist das menschliche Influenzavirus auf den Menschen und das Geflügel-Influenzavirus auf Hühner, Enten etc. adaptiert, jedoch können beide auch das Schwein befallen, ohne dieses merklich krank zu machen. Ist ein Schwein nun gleichzeitig Träger beider Viren, kann es zu einem Austausch von Erbinformationen zwischen diesen beiden eng verwandten Viren kommen (antigenic shift): es entsteht ein neuer Virus, der den Menschen befallen kann.

Dieses Ereignis ist jedoch selten (z.B. die spanische Grippe 1918, welche mehr Todesopfer forderte als der erste Weltkrieg) und setzen ein enges Zusammenleben von Mensch, Schwein und Geflügel voraus.

In den Niederlanden und fludiag2.gifBelgien wird nun von einem Ausbruch des avian influenza virus A (H7N7) auf mehreren Geflügelfarmen berichtet ( WHO: Disease Outbreak Report 24. April 2003). Viele Tiere sind an der Viruserkrankung verstorben.

Normalerweise befällt dieser Virusstamm ausschliesslich Hühner. Nun wird von inzwischen 93 bestätigten Erkrankungsfällen bei Menschen berichtet. Die Mehrzahl zeigte eine milde Symptomatik (was dafür spricht, dass das Virus nicht an den Menschen adaptiert ist) mit einer Augenbindehautentzündung (Konjunktivitis), 13 Patienten zeigten zudem eine milde Grippesymptomatik. Beunruhigender ist jedoch, dass es zu einem Todesfall kam. Ein Tierarzt, welcher eine betroffene Hühnerfarm besucht hatte, erkrankte an einer SARS-Symptomatik und verstarb. In diesem Fall konnte ausser dem H7N7-Influenzastamm kein weiteres Pathogen nachgewiesen werden. Zudem zeigten drei Familienangehörige von Farmarbeitern ebenfalls Symptome, was eine Mensch-Mensch-Übertragung möglich erscheinen lässt. Eine Übertragung der schweren Krankheitsform wurde bisher nicht beobachtet. Ob das H7N7-Influenzavirus jedoch die tatsächliche Todesursache war, ist zur Zeit noch Gegenstand von Abklärungen.

Als Massnahme wurde die Notschlachtung der Tiere auf den betroffenen Farmen angeordnet. 1997 konnte durch diese Massnahme eine weltweite Verbreitung des H5N1-Influenzastamms verhindert werden, welcher damals unter 18 Erkrankten 6 Todesopfer forderte. Die Behörden der betroffenen Länder empfehlen die prophylaktische Therapie mit Oseltamivir für Personen, welche mit H7N7-infiziertem Geflügel in Kontakt kamen.

Es wird vermutet, dass das möglicherweise SARS-verursachende Coronavirus auf eine ähnliche Art und Weise wie oben beschrieben (Tier –> Mensch, Tier –> tierischer Zwischenwirt –> Mensch) auf den Menschen übergegangen ist. Coronaviren (eine Virengruppe) sind im Tierreich ebenfalls weit verbreitet, und Vergleiche des Erbgutes unterstützen diese Hypothese. Obwohl die Übertragung eines Krankheitserregers vom Tier auf den Menschen beschrieben ist (Beispiel Influenza), ist der Nachweis dieser Übertragungskette schwierig, und für einige Viruserkrankungen ist der ursprüngliche Wirt bis heute nicht sicher bekannt. Dies ist jedoch eine Hypothese. Nicht jedes neu auftretende pathogene Virus ist durch den oben beschriebenen Mechanismus entstanden. Im Falle von SARS sind zur Zeit Abklärungen im Gange, welche die Herkunft des Virus erhellen sollen. Dies wird aber noch einige Zeit dauern…

Weitere Informationen zu Influenzaviren unter www.influenza.ch