Vogelgrippe: Update während Sommerpause

Auch die Vogelgrippe macht Sommerpause. Bisher hat die WHO 241 Erkrankungen beim Menschen bestätigt, doch im Sommer bleibt es ruhig. Doch der Winter kommt bestimmt, und damit auch die nächste "Vogel-Grippesaison".

Es lohnt sich vielleicht, die Sommerpause dazu einzusetzen, sich auf die bevorstehende Saisoon gut vorzubereiten. Denn wir müssen im nächsten Winter mit einer erneuten Zunahme von aviärer Influenza beim Menschen rechnen. Was hat sich seit den ersten Ausbrüchen von H5N1 beim Menschen verändert? Was ist gleich geblieben? Was sind die Konsequenzen für uns?

Die "Grippesaison" – auch bei H5N1-"Vogelgrippe"
Die Grafik mit den weltweiten Erkrankungfällen beim Menschen, die wir laufend speziell für unsere infekt.ch-Leser generieren und aktualsiert halten, zeigt deutlich die Saisonalität der H5N1-Infektionen beim Menschen. Auf der nördlichen Hemisphäre treten die Erkrankungsfälle in den Wintermonaten gehäuft auf.

Der nächste Punkt, der sich aus der Grafik ableiten lässt, ist die deutliche Zunahme von H5N1-Erkrankungen im letzten Winter. Knapp die Hälfte (117) der 241 Erkrankungsfälle der letzen zweieinhalb Jahre ereignete sich in den Monaten Oktober 05 bis Mai 06.

Die Vogelpopulation ist bald weltweit infiziert
Immer wieder erreichen uns weiterhin Meldungen von H5N1-Diagnosen bei Zuchtgeflügel und Wildvögeln aus zahlreichen Ländern Asiens, Europas und Afrikas (s. Karte der WHO). Es ist keine Frage, dass die Infektion bald auch die Vogelwelt in Australien und Amerika erfassen wird. Wir müssen davon ausgehen, dass wir die H5N1 Infektionen bei Vögeln nicht eliminieren können.

Wie kommt es zur Infektion beim Menschen?
Auch heute noch gilt, dass die Infektionen beim Menschen im praktisch allen Fällen auf Kontakt mit Geflügel zurückzuführen sind. Sehr eindrücklich wurde der Einfluss einer Verhaltensänderung im Umgang mit Geflügeln in der Türkei gezeigt. Beim Ausbruch im Januar 2006 wurden an mehereren Orten des Landes viele Menschen direkt durch Geflügel infiziert. Eine breitflächig angelegte, sofort durchgeführte Info-Kampagne der Bevölkerung hat dazu geführt, dass innert Monatsfrist keine Neuen Infektionen aufgetreten sind.

Weiterhin kommt es vor allem in Indonesien zu Übertragungen auf den Menschen. Aber auch hier haben die Untersuchungen gezeigt, dass es immer noch die Kontakte mit erkranktem oder verstorbenem Geflügel sind, welche bei praktisch allen Infizierten als Ursache für die Erkrankung gelten. Auch wenn sich das Virus langsam verändert (was nach 2-3 Jahren für ein Influenza-Virus zu erwarten ist), so sind bisher keine Mutationen beobachtet worden, welche das Virus für eine Mensch-zu-Mensch optimieren.

Vorbereitet sein:
Die Entwicklung weist darauf hin, dass wir vorerst weiterhin auf eine mögliche Zunahme von H5N1-Fällen beim Menschen rechnen müssen. Ob das Virus den Speziessprung so schafft, dass das daraus entstandene Virus auch noch so hochpathogen bleibt, ist offen. Jedenfalls möchten wir uns gegen diesen sehr ungünstigen Fall wappnen.

Eine wichtige Grundlage für die Vorbereitung ist die Analyse der ersten H5N1 Fälle beim Menschen durch die WHO. Im Weekly Epidemiological Record vom 30.6.06 (WER; 81:249–260)Latenz Symptombeginn bis Hospitalisation sind diese Daten excellent zusammengefasst. Dabei wird deutlich, dass vor allem Kinder und junge Menschen von H5N1-Influenza betroffen sind. Vermutlich hat dies epidemiologische Gründe: diese jungen Menschen waren häufiger mit Geflügeln in Kontakt. Die hohe Moratlität (über 50%) zeigt, dass die Infektion beim Menschen auch hochpathogen verläuft und zu Multiorganversagen führt. Dies hängt damit zusammen, dass das Virus praktisch alle Gewebe und nicht nur das respiratorische Epithel befallen kann. Leider wurden die bisher Erkrankten jeweils sehr spät hospitalisiert und mit Oseltamivir behandelt, sodass wir davon ausgehen müssen, dass diese Behandlungen nutzlos waren.

Eine wichtige Konsequenz für uns muss sein: Wenn wir eine Infektion mit H5N1 behandeln wollen, dann müssen wir bei der Diagnose sehr aufmerksam sein und rasch mit der Behandlung beginnen. Ein Start der Therapie 2 Tage nach Symptombeginn ist vermutlich nicht nur bei der saisonalen Grippe nutzlos.

Längerfristig gibt es zwei wichtige Entwicklungen:
Die WHO ist mit ihrem Containmentplan sehr gut vorbereitet, beim ersten Ausbruch einer möglichen Mensch-zu-Mensch Übertragung sofort grossflächig bis zu mehrereren Millionen Menschen prophylaktisch zu behandeln.
Besonders günstig scheint jedoch die Mitteilung der Firma GSK, wonach der H5N1 Impfstoff sich in einem ersten Feldtest als sehr immunogen erwiesen hat. Die Firma hofft nun, bis in einem Jahr den Impfstoff auch in grösseren Mengen produzieren zu können. Besonders hervorzuheben ist die Entscheidung der Schweizer Landesregierung, 8 Millionen Dosen eines sogenannten präpandemischen Impfstoffes zu bestellen. Dieser Impfstoff wird möglicherweise keinen vollständigen Schutz gegen eine allfällige H5N1 Pandemie bieten, doch der Schutz wird voraussichtlich so gut sein, dass schwerere Erkrankungen deutlich eingedämmt werden können, eventuell sogar das Übertragungsrisiko reduziert werden kann.

Zuletzt soll noch auf ein wichtiges Dokument der WHO hingewiesen werden: Die WHO hat die Prinzipien einer optimalen Kommunikation im Falle eines epidemieartigen Ausbruches in einem ausgezeichneten Dokument präsentiert. Dabei ist besonders wichtig, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Behörden und die Kommunikationsträger hat und dass eine offene und ehrliche Kommunikation gepflegt wird.

Wir bleiben dran….