17. April 2017

ChemSex and the City: Vernachlässigte Sexualanamnese

ChemSex and the City: so beginnt der Titel einer interessanten Arbeit aus London, welche Sexualpraktiken und Infektionsrisiken bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) untersucht hat. ChemSex beschreibt ein Phänomen, das in den letzten rund 10 Jahren vorwiegend im Internationalen Schwulenbereich an Bedeutung zugenommen hat. Drogen wie GHB und GBL oder Mephedron dann vor allem aber auch das dem Kokain näher verwandte Crystal Meth erlauben dem Drogenkonsumenten sexuelle Erlebnisse freier, leichter, zu erleben. Es ist nicht überraschend, dass gerade für HIV-positive Menschen, deren sexuelles Erleben über Jahrzehnte von Angst, Kondom und Schuldgefühlen geprägt war, für solche Drogen anfällig sind.

Chem-Sex Drogen werden, wie der Name antönt, zusammen mit Sex konsumiert. Durch ihre enthemmende, Schuldgefühl lindernde Wirkung macht es sie somit auch zu Türöffner für einen risikoreicheren Sex und eine Assoziation des ChemSex Gebrauches mit Sexuell übertragbaren Infektionen (STI) ist gut nahvollziehbar.

Die eingangs erwähnte Untersuchung wurde in einer STI Klinik in London bei MSM durchgeführt. Gut ein Drittel aller befragten Klienten gaben an, beim Sex Drogen zu verwenden. Von denen haben einer von sieben angegeben, auch Drogen zu inizieren. Es verwundert daher nicht, dass der Konsum von Chem-Sex nicht nur mit klassichen Geschlechtskrankheiten sondern auch mit der Übertragung der vorwiegend durch Blut übertragbaren Hepatitis C assoiziiert sind (s. Abbildung: Tabelle aus der Arbeit).

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Sexualanamnese wichtig!
Gut möglich, dass die Häufigkeit von ChemSex bei uns seltener ist als in London. Wir dürfen aber auch davon ausgehen, dass es in unserem Setting weniger wahrscheinlich ist, dass unsere Patienten von sich aus über den immerhin meist illegalen Konsum von Drogen beim Sex erzählen werden. Einmal mehr, ist die Anamnese, gerade die Sexualanamnese äusserst wichtig. Und dabei ist wohl eine offene Haltung, „ja, ich kenne mich da aus, das ist häufig“ wohl zielführender.

Prävention auch mit ChemSex möglich
Denn wenn uns ein Patient über seinen Chem-Sex konsum berichtet, dann müssen wir von einem hohen STI-Risiko ausgehen. Nicht nur, dass wir dann vielleicht einmal häufiger nach symptomlosen STIs suchen, vielleicht lohnt sich auch im Gespräch die Risiken offen zu thematisieren. Auch iv-Drogenkonsum kann mehr oder weniger sicher praktiziert werden. Früher waren wir es gewohnt, unseren Klienten in der Beratung Injkektionsmaterial mitztugeben. Vielleicht sollten wir auch diesbezüglich offener sein. Und HIV-negativer Mann, der uns erzählt, dass er eine Sexparty besuchen werde wo auch Drogen konsumiert werden, könnte vielleicht auch von einer kurzfristigen PrEP profitieren.

Je offener wir die Dinge besprechen, desto einfacher finden sich auch Lösungen. Gemeinsam.