Kleiner Aufwand – grosse Wirkung: Weniger nosokomiale Bakteriämien dank täglicher Ganzkörperdesinfektion

Kann tägliches Waschen mit Chlorhexidin das Risiko einer spitalerworbenen Infektion senken? Und kann es Resistenzentwicklungen verhindern?

Eine multizentrische, nicht-verblindete, cluster-randomisierte Crossover-Studie lässt vermuten, dass eine solche Wirkung tatsächlich möglich ist.

Was ist bekannt?
Aus früheren Studien gibt es Hinweise, dass eine desinfizierende Köperwäsche mit Chlorhexidin die Übertragung von resistenten Bakterien und das Risiko nosokomialer Bakteriämien bei intensivmedizinischen Patienten und Knochenmarkstransplantierten reduzieren kann.

Randomisierte Multizenterstudie
Die Untersuchung fand an sechs Zentren in den USA statt. Das Patientengut (7’727 Patienten) stammte von medizinischen, chirurgischen, kardiologischen und kardiochirurgischen Intensivstationen und einer Knochenmarkstransplantationseinheit. Die Intervention beinhaltete eine Ganzkörperwäsche mit  2%-igem Chlorhexidin-Gluconat. Die Patienten wurden mit damit getränkten Waschtüchern, die Kontrollgruppe mit nicht-antimikrobiell wirksamen Waschtüchern gewaschen. Die Gruppen wechselten das Produkt nach 6 Monaten im Crossoverdesign.

Die Akquisition von multiresistenen Keimen, diese beinhalteten methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA) und vancomycinresistente Enterokokken (VRE), wurde in der Interventionsgruppe um 23% reduziert, die Häufigkeit von primären Bakteriämien um 28%, diejenige von ZVK-assoziierten Bakteriämien sogar um 53%.

Ausserdem wurden keine signifikanten Hautnebenwirkungen unter Verwendung von Chlorhexidin festgestellt und es wurde keine Resistenzentwicklung der nachgewiesenen MRSA und VRE auf Chlorhexidin nachgewiesen.

 

Jede nosokomiale Bakteriämie ist eine zu viel!
Die Ganzkörperwäsche mit Chlorhexidin-getränkten Waschtüchern stellt eine interessante, spitalhygienische Massnahme dar, die mit wenig Aufwand umgesetzt werden könnte. Um eine Übertragung resistenter Keime (MRSA und VRE) zu verhindern, müssten alle Patienten auf unseren Intensivstationen/Aplasiestation am Kantonsspital St.Gallen bei voller Bettenbelegung während rund 13 Tagen mit Chlorhexidin gewaschen werden. Allerdings sind unsere Prävalenzen für MRSA und VRE deutlich tiefer als in den USA und weniger problematisch. Um eine nosokomiale Bakteriämie respektive eine ZVK-Infektion zu verhindern, genügen rund 10 beziehungsweise rund 11 Tage. Die Number needed to treat für diese klinisch relevanten Endpunkte ist somit erstaunlich tief!

Offene Fragen
Weitere Faktoren wie Adhärenz mit den Standardmassnahmen, Umsetzung der hygienischen Massnahmen bei Interventionen (z.B. Einlage zentralvenöser Katheter), die das Resultat beeinflussen können, wurden nicht erfasst. Zudem ist es vorstellbar, dass in einer unverblindeten Studie weitere hygienische Massnahmen wie Händedesinfektion oder korrekte Einlagen und Pflege von Kathetern während der Periode mit der Verwendung von Waschen mit Chlorhexidin besonders exakt durchgeführt wurden, um einen Effekt der Chlorhexidinwäsche zeigen zu können. Weiter ist der Einfluss des Studienunterbruchs, welcher durch den behördlich bedingten Rückzug der Chlorhexidinwaschlappen aufgrund einer Kontamination mit Burkholderia cepacia erfolgte, schwierig einschätzbar.

Fazit
Die Anschaffung von Chlorhexidin-Desinfektionslösung 2% oder von damit getränkten Waschtüchern ist aus spitalhygienischer Sicht für die Verwendung bei Intensivpflege- und Knochenmarkstransplantationspatienten durchaus überprüfenswert.