HIV-Therapie verhindert eine sexuelle Übertragung – Endlich bewiesen!

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Vor gefülltem Hörsaal wurden am Montagabend die Resultate der HPTN-052 Studie gefeiert. Eine riesige Studie, die beweisen wollte (und konnte), dass die HIV-Therapie die sexuelle Übertragung verhindert.

Die Geschichte dieser Studie ist lang. Vor 15 Jahren hat der Initiator dieser Studie, Mike Cohen, die Idee geboren und in den folgenden Jahren mit Konsequenz weiter entwickelt. Die Studie hat 2005 begonnen, HIV-serodifferente Paare einzuschliessen. Mehr als 10’000 Patienten wurden gescreent. Doch für die Studie kamen nur Paare in Frage, bei denen der infizierte Partner keine Therapieindikation hatte und der feste Partner (die Partnerin) HIV-negativ war. Im Mai 2010 waren die geplanten 1763 Paare eingeschlossen.

Die Patienten wurden randomisiert entweder sofort mit HIV-Medikamenten behandelt, oder die Behandlung wurde verzögert, bis diese auch aufgrund der gültigen Indikationen eingesetzt wurde. Der primäre Endpunkt der riesigen Studie war die Infektion des festen Partners mit demselben HIV-Virus. In der Studie wurde sehr gut untersucht, ob es sich tatsächlich um dasselbe Virus gehandelt hat. Susan Eshleman hat in ihrem Referat (MOAX0103) sehr elegant die drei verschiedenen Methoden erläutert, mit denen die klare Verwandtschaft zwischen den beiden Viren von der infizierten Person und dem Partner dargestellt wurde. Wir empfehlen die entsprechende Power-Point-Präsentation mit anschaulichen Grafiken.

Insgesamt wurden in der Studie 39 Partner nach durchschnittlicher Beobachtungszeit von 2 Jahren infiziert. Von diesen 39 Partnern konnte bei 28 Fällen ein klarer Link hergestellt und bei den 11 weiteren ein solcher ausgeschlossen werden. Von den 28 Fällen der Übertragung während der Partnerschaft erfolgten 27 von einer Person, die nicht unter Behandlung war.

Interessant ist natürlich die eine Person, bei welcher es trotz Therapie des Partners zur Infektion kam. Dieser Partner war bei Therapiebeginn nicht infiziert (RNA negativ, keine Antikörper). Bereits bei der ersten Kontrolle 90 Tage nach Therapiebeginn bei der infizierten Partnerin war er jedoch schon positiv, und zwar mit 6 Banden im Western Blot. Das spricht für eine nicht ganz frische Infektion. Tatsächlich haben die Autoren aufgrund der Diversifizierung der HIV-Quasispecies den wahrscheinlichsten Infektionszeitpunkt errechnet. Dieser lag mit -84 Tagen genau beim Beginn der HIV-Therapie.

Die Studie ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass eine HIV-Therapie – richtig durchgeführt – das Infektionsrisiko auf nicht nachweisbare Werte senkt. Auf meine Frage bei der Diskussionsrunde, ob er nun das EKAF-Statement jetzt auch unterzeichnen würde, hat Mike Cohen sehr ausweichend geantwortet. Es war ihm offensichtlich nicht angenehm, vor all den versammelten Koryphäen nun etwas über die Bedeutung für die Patienten zu sagen. Doch es gibt wohl keinen Zweifel, dass diese Studie unsere Empfehlungen zu Sex mit oder ohne Kondom beeinflussen wird.

Die Autoren haben nicht nur für ihre ausgezeichneten Präsentationen die "standing ovation" verdient. Die Zuhörer wollten mit diesem sehr unüblichen Zeichen wohl ihren Respekt zum Ausdruck bringen. Respekt gegenüber all den Personen, die an der Studie beteiligt waren, aber vor allem gegenüber den mehr als 3’500 Studienteilnehmenden, die mit dieser Studie eine wichtige Frage klären konnten.