HIV-Infektion und Schwangerschaft

  • Am ICAAC 2008 wurden auch ein paar wenige Posters zu Themen rund um die Schwangerschaft bei HIV-Infektion gezeigt. Einige haben es auch in unser Summary geschafft.


Schwangerschaft und vaginale Entbindung
Die Schweizer Fachkommission Klinik und Therapie hat 2004 die erste Empfehlung herausgegeben, in der eine vaginale Entbindung bei guter Virussupression als mögliche Alternative zum Kaiserschnitt dargestellt wurde (s. Empfehlung 2004 ). Nun ziehen viele Länder nach. Die Therapie senkt das Übertragungsrisiko sehr effizient, wie wir das ja auch für den Fall der sexuellen Übertragung beobachten.

Eine Französische Fall-Kontroll Studie hat nun die Erfahrungen mit vaginaler Entbindung zwischen 2000 und 2005 untersucht indem sie insgesamt 146 Fälle von vaginaler Entbindung (alle mit vollständig supprimierter Viruslast) mit solchen bei HIV-negativen Frauen verglichen hat (matched für Anzahl SS, frühere Sectio, Alter).

Die beiden Gruppen zeigten praktisch einen identischen Geburtsverlauf mit gleicher Rate von assistierten Geburten oder sekundärer Sectio. Obwohl das Gestationsgewicht in beiden Gruppen gleich war, wurde bei HIV-positiven Frauen signifikant seltener ein Dammschnitt angelegt (27% vs. 46%, p<0.01). In keinem Fall kam es zur HIV Infektion des Kindes.
Quelle: Azria et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, H-454

Tenofovir in der Schwangerschaft
Ein Poster von Gilead hat die gesammelten Erfahrungen von Tenofovir-Behandlung während der Schwangerschaft analysiert. Die Daten werden in einem prospektiven Register (APR) gesammelt. Insgesamt wurden 8483 Behandlungen mit Tenofovir erfasst. Die Prävalenz von Geburtsgebrechen war mit 2.8/100 Lebendgeburten unter allen antiviralen Therapiekombinationen gleich wie in der Normalbevölkerung (2.7/100 LG). Die Prävalenz war unter der Behandlung mit dem Standardmedikament für eine Schwangerschaft (AZT) 2.9% (2.2-3.8) und für eine Tenofovir-Exposition im ersten Trimester 1.6% (0.6-3.4, 6 von 380) ebenfalls tief.

Die HIV-Therapie ist eine hochwirksame Prävention zur Verhinderung einer HIV-Infektion beim Kind. Die vorhandenen Daten bestätigen, dass das Risiko für das Kind durch die HIV-Therapie selbst minimal ist.
Quelle: Olmscheid et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, H-456

Mutter Kind Transmission: Vier Wochen HIV-Therapie postpartal genügt
Auch heute noch empfehlen die meisten Richtlinien eine HIV-Therapie beim Neugeborenen während 6 Wochen durchzuführen. Diese Empfehlung stammt noch von der Ersten PACTG 076 Studie, in der die Wirksamkeit einer medikamentösen Prävention durch AZT Monotherapie bewiesen wurde. Doch in der heutigen Zeit ist es überhaupt fraglich, ob diese „post-Expositionsprophylaxe“ beim Kind überhaupt noch notwendig sei. In der Schweiz haben wir diese Behandlung auch bereits 2004 auf 4 Wochen gekürzt.
Irische Autoren haben nun die verabreichten Therapien untersucht und fanden bei 874 Lebendgeburten keinen Unterschied in der Transmissionsrate, wenn 4 oder 6 Wochen behandelt wurde. Infiziert wurden nur solche Kinder, bei welchen die HIV-infektion bei den Müttern erst spät in der Schwangerschaft oder bei der Geburt diagnostiziert  wurde.
Quelle: Ferguson et al, ICAAC 2008, Washington 25.-28. Oct, H-459