Kombinationstherapien mit Rifampicin bei Staphylococcus aureus-Infektionen: Fehlt die Evidenz?

Die Kombinationstherapie mit Rifampicin ist in der Schweiz v.a. bei Gelenk-Protheseninfektionen etabliert. Eine Review des Arch Intern Med. hinterfragt den dokumentierten Nutzen.

Staphylococcus aureus-Infektionen sind mit einer signifikanten Mobidität und Mortalität assoziiert und manifestieren sich beispielsweise als Haut-/Weichteilinfekte, Bakteriämien/endovaskuläre Infekte, Knocheninfektionen und Fremdkörper-assoziierten Infektionen.

Rifampicin (= Rifampin) ist gegen Staph. aureus bactericid, erreicht hohe intrazelluläre Spiegel und vermag als eine der wenigen antimikrobiellen Agentien Biofilm zu penetrieren und Organismen in der sessilen Wachstumsphase abzutöten. Die rasche Resistenzentwicklung unter einer Monotherapie mit Rifampin ist bekannt und deshalb auch obsolet. Rifampicin ist ein Enzyminduktor des Cytochrom-Systems p450, wodurch diverse Medikamente (wie. z.B. orale Antikoagulantien) rascher metabolisiert werden.

Aus mehreren Datenbanken wurde mit den Stichworten "Staph" AND "rifamp" gescreent unter Berücksichtigung von lediglich Staphylococcus aureus-Infektionen (MSSA und MRSA) aus in vitro-, Tier- und Humanstudien. Den Reviewerprozess überstanden 101 von 1464 gescreenten Studien.

In Tierstudien waren Modelle mit Peritonitits, Endocarditis, Osteomyelitis, Bakteriämie und Fremdköprer-assoziierten Infektionen vorhanden. Die meisten Studien wurden vergleichend mit Chinolonen, Betalactamen und Glycopeptiden mit oder ohne Rifampicin durchgeführt. Hierbei erbrachte vorab die Kombination von Chinolonen und Rifampicin bei Pertitonitis und Fremdkörper-assoziierten Infektionen einen Vorteil, bei Osteomyelitis und Endocarditis war der Vorteil inkonsistent (kein Vorteil oder Vorteil). Die Kombination von Glykopeptiden mit Rifampicin erwies sich als vorteilhaft bei Fremdkörper-assoziierten Infektionen (kein Vorteil bei Endocarditis und Osteomyelitis).

Betreffend der Humanstudien bemängelten die Autoren bei vielen Untersuchungen die zu tiefe Power, um Unterschiede sichtbar zu machen und hoben dann aber doch positive Resultate der Kombinationstherapie mit Rifampicin bei Gelenkprothesen und Knocheninfektionen hervor. Es waren rundherum betreffend einer Kombinationstherapie keine nachteiligen Resultate betreffend Therapieerfolg zu verzeichnen. Somit bestätigen die vorhandenen in vivo Daten auch den z.T. in vitro bemängelte Antagonismus von Vancomycin und Rifampicin nicht.

Die Autoren schliessen: in Abhängigkeit der Art der Infektion sei die Kombinationstherapie mit Rifampicin erfolgsversprechend, der Benefit sei aber in keiner Situation definitiv erwiesen. Sie folgern: Bei schwierig zu behandelnden Staph. aureus-Infektionen soll Rifampicin dazugegeben werden; allerdings stellen sie die Indikation im Falle der medikamentösen Gefährdung der Patientensicherheit (zu erwartenden Toxizität oder Arzneimittelinteraktion) in Frage (mit der Begründung der zu geringen Evidenz der Effektivität der Kombinationstherapie).

Unser Schluss: Die Indikation des Einsatzgebietes von Rifampicin muss einerseits sicher weiter untersucht werden (z.B.: bei welcher Art von Fremdkörpern?). Die Interpretation der Autoren der vorliegenden review betreffend dem Einsatz von Rifampicin spiegelt andrerseits die skeptische nordamerikanische Haltung wieder, welche nicht zuletzt auch in der Skepsis betreffend Machbarkeit von konservativ zu behandelnden oder einzeitigen (vs. zweizeitigen) Gelenksprothesenwechsel gründet. Zumindest in der Schweiz haben wir in Bezug auf infizierte Gelenkprothesen gemäss den Arbeiten von Zimmerli, Widmer, Frei und Trampuz (JAMA 1998, NEJM 2004) schon seit längerem Vertrauen in und im Umgang mit Rifampicin (z.B. Reduktion der Dosierung von 900 auf 600mg/d im Falle von Uebelkeit, Erhöhung der Marcoumar-Dosierung…) gewonnen. In diesem Zusammenhang ist auch der (retrospektiv erfasste) Erfolg des modernen Managements einer Protheseninfektion gem. Zimmerli und Trampuz zu erwähnen, der vor einem Monat im CID (Betsch et al.) publiziert wurde. Es ist weiterhin zu hoffen, dass dieser Funken auch den Sprung nach Uebersee schaffen wird…

Quelle: Perlrot J et al. Arch Intern Med.2008;168(8):805-819