10. Juni 2002

Oralverkehr ohne Gummi: Wie hoch ist das HIV-Risiko?

Seit 15 Jahren haben sich die Safer-Sex Empfehlungen nicht geändert. Eigentlich erstaunlich, denn 1987 wusste man noch relativ wenig zur Übertragung von HIV. Eine Studie aus Spanien bestätigt, dass die alten Safer-Sex Regeln auch heute noch zutreffen.

Es war schon immer bekannt, dass das Risiko, sich beim Oralverkehr anzustecken, sehr klein ist. Sicher geringer als beim ungeschützten Vaginalverkehr oder Analverkehr. In dieser Spanischen Studie wurde nun erstmals bei festen Partnerschaften das Risiko einer HIV-Übertragung auf den festen, HIV-negativen Partner untersucht.

Einschlusskriterium: Immer geschützter GV, ungeschützter Oralverkehr

Insgesamt wurden 292 heterosexuelle Partnerschaften untersucht. Doch in diese Studie eingeschlossen wurden nur die 135 Paare, die:

  • immer nur geschützten Geschlechtsverkehr,
  • regelmässig ungeschützten Oralverkehr hatten, und
  • die- keine anderen Sexualbeziehungen pflegten.

Bei allen Paaren war jeweils ein Partner positiv, in 110 Paaren der Mann, in 25 die Frau. Die Paare wurden alle 6 Monate untersucht.

Über die vielen Jahre kam es zu 19″316 einzelnen Episoden von Oralverkehr. 96 HIV-negative Frauen haben insgesamt 8965 mal Fellatio mit ihrem HIV-pos. Partner praktiziert, bei einem Drittel davon mit Ejakulation in den Mund. Umgekehrt gaben 24 Männer an, regelmässig ihre HIV-positive Partnerin oral zu befriedigen (cunnilingus, total 614 mal) und wurden insgesamt über 1000 mal oral befriedigt (40% mit Ejakulation in Mund).

Keine Infektion der HIV-negativen Partner:

Die Studie bestätigt die bisherige Safer-Sex-Strategie: Keine der über 19″000 Episoden von ungeschütztem Oralverkehr führte zu einer HIV-Übertragung. In einer festen Partnerschaft ist das Risiko einer Übertragung durch Oralverkehr somit zu vernachlässigen. Selbst nach über 3000 Episoden von Samenerguss im Mund (Mann HIV-pos.) kam es nicht zu einer Übertragung. Das Risiko, sich in einer festen Partnerschaft mit HIV zu infizieren, wurde in früheren Studien auf ca. 3/1000 Geschlechtsakte geschätzt. Das in dieser Studie berechnete Risiko für den Oralverkehr liegt wesentlich tiefer, es war hier 0%, könnte aber maximal 0.5/1000 orale Kontakte betragen (oberes 95%-Vertrauensintervall).

Achtung STD“s!

Die Studie erfolgte bei monogamen Paaren. Doch was wir schon länger wissen: Geschlechtskrankheiten (STD) erhöhen das Risiko einer Übertragung von HIV stark, auch beim Oralverkehr. In einer monogamen Partnerschaft ist das Risiko einer STD natürlich minim. Personen mit häufigem Partnerwechsel haben ein gewisses Risiko, sich mit einer STD anzustecken. Ob dann das Risiko einer HIV-Übertragung beim Oralverkehr auch vernachlässigt werden kann, ist zu bezweifeln.

Quelle:  Romero et al. AIDS 2002;16:1296-7