Der Leserbrief, der nicht gedruckt werden durfte
Es gibt Dinge, die man einfach nicht sagen darf. Und dann gibt es Dinge, die man nicht einmal in der Form eines Leserbriefs drucken darf. Zum Beispiel eine wissenschaftliche Korrektur.
Vor ein paar Wochen stieß ich im St. Galler Tagblatt auf einen Artikel, der behauptete, dass in „Corona-skeptischen“ Gemeinden mehr Menschen gestorben seien. Der Artikel schaffte es sogar auf die Titelseite:
Das klang spektakulär, basierte aber auf einer selektiven Interpretation einer Studie, die – Überraschung! – bei genauerem Hinsehen etwas anderes sagte. Ich nahm mir die Freiheit, in einem Leserbrief darauf hinzuweisen. Mein Fehler? Ich dachte, es gehe um Fakten.
Mein Leserbrief mit dem Titel: „Covid-Skeptiker sterben häufiger – Journalisten haben häufiger Leseschwäche“ wurde nie abgedruckt. Vielleicht war er zu lang. Vielleicht enthielt er zu viele Argumente. Vielleicht passte er einfach nicht ins Narrativ.
Zum Glück gibt es noch andere Plattformen für wissenschaftliche Korrekturen. Infosperber hat sich dem Thema ebenfalls gewidmet und die gleiche Kritik geäußert (hier nachzulesen). Es scheint, dass kritisches Denken heutzutage eine Art Outsourcing benötigt – weg von den großen Medienhäusern hin zu alternativen Kanälen.
Aber vielleicht war mein Leserbrief ja einfach zu provokant. Wer selbst urteilen will, findet ihn hier. Falls er doch irgendwann gedruckt wird, wäre ich für eine kurze Meldung dankbar. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.
Abbildung: Dalle