Vitamin E: Einfaches Mittel gegen Fettleber bei HIV?
Bei Menschen mit HIV beobachten wir leider nicht so selten das Auftreten von Fettleber, ohne dass dabei Alkohol im Spiel ist. Nun hat eine zwar kleine, aber doch interessante Arbeit den Effekt von Vitamin E bei HIV-positiven Patienten mit nicht alkohol-bedingter Fettleber untersucht.
Kleine Pilotstudie
Es handelte sich nur um eine kleine Pilotstudie bei 27 Personen. Doch immerhin, die recht deutliche Verbessserung der Fettleberstadien (s. auch Abb.) in dieser Arbeit lassen doch vermuten, dass es sich tatsächlich um eine relevante, pharmakologische Wirkung dieser einfachen Intervention handelt. Alle Patienten waren unter einer stabilen, gut wirksamen HIV-Therapie. Die Fettleber wurde in den wenigsten Fällen (n=4) mittels Biopsie bestätigt. Die Diagnose beruhte auf indirekten, aber validierten Zeichen einer Fettleber: CAP: : Erhöhhung der ALT, Cytokeratin-18 und CAP (controlled attenuation parameter). Beim CAP handelt es sich um eine nicht invasive Untersuchung ähnlich der Bestimmung der Leberfibrose mittels Fibroscan®. Dabei wird die Abschwächung des Ultraschallsignals beim Durchdringen der Leber (in dB/m) gemessen. Die Methode wurde auch schon von unseren St. Galler Kollegen als gutes Mass für das Ausmass der Fettleber validiert (Baumeler 2019).
Die 27 Patienten mit so diagnostizierter Fettleber (>60% Grad 3) wurden nun während 24 Wochen mit 800 E Vitamin E behandelt (entspricht normaler Tagesdosis). Wie die Abbildung zeigt, wurde eine Besserung beobachtet, die auch noch über die 24 Wochen hinausging. Immerhin hatten nach einem Jahr 22% der eingeschlossenen Patienten keine Zeichen einer Fettleber mehr.
Wirkt das Vitamin E wirklich?
Wenn man nicht kontrollierte Studien macht, ist man am Ende immer unsicher, ob jetzt das Medikament oder andere Veränderungen für die beobachtete Abnahme der Fettleber verantwortlich waren. Als Ursache für eine Fettleber wird unter anderem ein oxidativer Stress der Leberzellen postuliert, ein Zustand, der bei HIV-Infektion häufiger zustande kommt. Da Vitamin E auf zellulärer Ebene oxidativen Stress abbaut, ist es schon denkbar, dass die Vitamin-E Gabe tatsächlich ein wirksames Mittel bei Fettleber darstellt. Auf jeden Fall ist es ein einfaches, günstiges Mittel und die Behandlung ist weitgehend ohne Nebenwirkung. Natürlich sollte man diese Therapie noch in kontrollierten Studien überprüfen, doch ein Behandlungsversuch bei ausgewählten Patienten könnte sich heute schon lohnen.
Doch wie die Autoren des Editorials (Guaraldi, AIDS 2020) recht kritisch diskutieren: Die Wirkung von Vitamin E auf die Fettleber konnte bei HIV-negativen Patienten NICHT gezeigt werden (Sanyal NEJM 2010). Ob dies nun wirklich bei HIV-Patienten anders läuft, ist die Frage. Doch bis eine besser dokumentierte Therapie für die nicht-alkoholische Fettleber bei HIV gefunden ist, finden auch die Autoren des Editorials, kann man eine „überprückende Therapie“ schon erwägen.