Wechsel in der Antibiotika-Prophylaxe ?
Üblicherweise erhalten Schwanger vor einem Kaiserschnittes (Sektio) eine Infektions-Prophylaxe mit einem Antibiotikum, welches vor allem Hautkeime abdeckt. Eine systematische Übersichtsarbeit von 2009 hat schon die Frage aufgeworfen, ob nicht eine Kombinationstherapie, welche sowohl Hautkeime wie Keime welche den Genitaltrakt besiedeln (z.b.Ureaplasmen) abdeckt, wirksamer wäre.
Systematische Erhebung
Genau diese Frage der kombinierten Antibiotikaprophylaxe versucht eine Studie zu beantworten, welche Ende September im NEJM publiziert wurde. In 14 Zentren der USA wurde bei über 2000 Patentinnen bei welchen eine notfallmässige Sektio durchgeführt wurde entweder eine Standard-Prophylaxe durchgeführt oder eine Kombinationstherapie (Standard und intravenösem Azithromycin). Der kombinierte primäre Endpunkt bestand aus Endometritis, Wundinfektionen oder andere Infektion innerhalb den ersten 6 Wochen.
Weniger Infektionen nach kombinierter Prophylaxe
Wie in der untenstehenden Tabelle gezeigt, trat der primäre Endpunkt (Infektionen in ersten 6 Wochen) signifikant weniger häufig auf bei der kombinierten antibiotischen Prophylaxe als bei der Standardtherapie. Insbesondere Wundinfektionen (2.4% versus 6.6%, p <0.001) und Endometritiden (3.8% versus 6.1%, p 0.02) waren seltener. Kein Unterschied wurde bei den anderen Infektionen dokumentiert, welche insgesamt sehr selten waren. Ebenfalls kein zusätzlicher Einfluss scheint die Kombinationstherapie auf das Neugeborene zu haben (sekundärer Endpunkt). Um einen Fall einer Infektion zu vermeiden (Number Needed to Treat, NNT), mussten 17 Frauen die zusätzliche Prophylaxe erhalten (43 für die Endometritis und 24 für die Wundinfektionen). Limitierte Aussage
Zu unterstreichen bleibt, dass in der Studie „nur“ Notfallsektios untersucht wurden und keine geplanten Sektios. Ebenso wurden keine Patientinnen eingeschlossen, welche schon eine Infektion hatten. Offen bleiben die Fragen nach Resistenzbildung, optimale Zeitpunkt der Antibiotikaprophylaxe, sowie der genaue Mechanismus der Wirksamkeit der Kombinationstherapie, da keine Daten zur Prävalenz der Ureaplasmen/Mykoplasmen erhoben wurden. Zusätzlich ist die Pathogenizität der Ureaplasmen/Mykoplasmen in diesem Setting weiterhin ungeklärt.
Unsere Überlegungen
Wie erwähnt wurden nur „Notfallsektios“ eingeschlossen, ausserdem hatten 73% der Frauen einen sehr hohen BMI, was per se eine erhöhte Infektanfälligkeit aufweist. Andererseits ist hier dann auch zu bedenken: War das Cefazolin bei diesem hohen BMI dann nicht unterdosiert? Würde eine gewichtsadaptierte Cefazolin-Gabe den gleichen Effekt zeigen wie ein Zusatz von Azithromycin? Und schliesslich: was für einen Effekt hat die Zugabe von Azithromycin auf längere Sicht auf das Mikrobiom der Gebärenden und viel wichtiger auf das Mikrobiom des Neugeborenen, gerade im Wissen, dass das Mikrobiom weichenstellend sein kann hinsichtlich verschiedener Erkrankungsrisiken? Das Infektionsrisiko nach Sektio liegt in der Schweiz bei unter 2%, d.h. deutlich unterhalb der hier beschriebenen Infektionsraten und somit wäre wahrscheinlich der „Nutzen“ einer Kombinationsbehandlung deutlich geringer, respektive die NNT höher.
Allenfalls kann in gewissen Situationen über die Zugabe von Azithromycin bei Notfallsektio nachgedacht werden, eine generelle Empfehlung diesbezüglich würden wir aber nicht aussprechen.