Antibiotic Stewardship: Hilft Modellieren und metaanalysieren?
„Antibiotic stewardship“ (ASP): Viele Fragen sind nicht beantwortet oder die Antworten sind unklar. Helfen Modelle und Metaanalysen? Eine ganze Session (OS051) widmete sich diesem Thema:
Von Kleef et al (Abstract 4095) stellten sich die Frage, ob Rapid Diagnostic Testing (RDT), welche eine empirische Therapie in Zukunft überflüssig machen soll, sowohl die Effektivität der Therapie als auch die Übertragungsrate von Klebsiella pneumoniae (ohne Resistenz, mit ESBL- bzw. mit Carbapenemaseaktivität) verbessert. In ihrem Modell, basierend auf einem 500-Betten-Spital in England, verglichen sie RDT mit der aktuellen empirischen Therapie, mit Cycling (30 Tage Wechsel-Intervall) und einem Mix aus den letzten beiden Methoden für das patientenbasierte Outcome und die Transmissionsrate. Im Modell zeigt die aktuelle empirische Verschreibungspraxis im Setting mit niedriger Prävalenz resistenter Keime eine insuffiziente Behandlung in 56% der behandelten Patienten für Infektionen mit ESBL-produzierende Klebsiellen und in 100% für carbapenemasenaktive Keime. Mit Vorhandensein von RDT könnte in diesem Setting die Unterbehandlung um insgesamt 10% reduziert werden. Die Prävalenz resistenter Subtypen reduzierte sich in mit dem Vorhandensein von schnellen diagnostischen Tests im Vergleich zu der aktuellen empirischen Therapie nur wenig (2% für ESBL- und 5% carbapenemaseaktive Keime). Die Reduktion der Prävalenz war noch kleiner mit Cycling.
Zusammenfassend (und auch etwas ernüchternd) scheint es aufgrund dieses Modells nicht möglich, mit RTD die Epidemiologie von resistenten Klebisellen zu beinflussen. Ob dies in der Realität auch so ist, wird sich mit der Einführung dieser Tests im klinischen Alltag weisen.
Mit einer Metaanalyse ging Tacconelli et al (Abstract 5580) der Frage nach, ob ein Antibiotikastewardship (ASP) die Rate von Clostridium difficile – Infektionen und Resistenzraten bei Patienten im Akutspital wirklich reduzieren kann. Die Resultate von 21 Studien mit 54 Outcomeparametern, rund 18’000 Patienten und über 4 Millionen Patiententage konnten ausgewertet werden. Die Einführung eines ASP zeigte eine signifikante Reduktion einerseits der Resistenzraten von 34% und andererseits für C. diff-Infektionen von 62%. Aufgrund der teilweise grossen Heterogenität in den Studien erfolgte zudem eine Subgruppenanalyse. ASP war am effizientesten bei MRSA und carbapenemresistenten gramnegativen Keimen (49% respektive 48% Reduktion der Resistenzraten), während sich bei vancomycinresistenten Enterokokken kein Effekt nachweisen liess. Der Effekt war grösser, wenn ein Bündel von Massnahmen durchgeführt wurde und die Dauer der Intervention länger durchgeführt wurde.
Obwohl in der Humanmedizin die meisten Antibiotika ausserhalb des Spital verschrieben werden, treten die Probleme mit den multiresistenten Keime im Spital auf. Gwenan et al (Abstract 4988) gingen der Frage nach, in welchem Setting (im versus ausserhalb Spital) sich der Selektionsdruck von Antibiotika eher auf die Resistenzentwicklung auswirkt. Mit einem dynamischen Transmissionsmodell, basierend auf den epidemiologischen Daten in England für ESBL-E.coli, zeigten sie, dass resistene Keime viel häufiger ausserhalb des Spitals (>70%) selektioniert werden und plädieren aufgrund dieser Resultate dafür, dass Interventionen ausserhalb des Spitals ein grösseres Gewicht beigemessen soll, da damit ein grösserer Effekt erreicht werden kann. Ob dies nur für ESBL-E.coli gilt oder auch auf andere gramnegative Keime übertragbar ist (woran begründet gezweifelt werden darf), will das Team weiter untersuchen.
Autor: Matthias Schlegel