28. Dezember 2015

Masern: Spitalangestellte mehr gefährdet als angenommen

Eine Masern-Impfung schützt – aber nie 100%. Infolge ungenügender Durchimpfung der Bevölkerung gibt es immer wieder Masern-Ausbrüche. Eine sorgfältige Analyse eines Masern-Ausbruches in Kalifornien zeigt, dass selbst geimpftes Gesundheitspersonal gefährdet ist. Noch vor 10 Jahren galt die USA als Masern-frei. Doch in den letzten Jahren hatten nahm auch in den USA die Impfbereitschaft der Bevölkerung ab, sodass es auch dort immer wieder zu Masern-Ausbrüchen kommt. Einen solchen Masernausbruch in Kalifornien im Januar 2014 haben die lokalen Behörden dort besonders gut analysiert und wertvolle Schlüsse für die Übertragung des Masern-Virus abgeleitet.

Impfung schützt nie 100%
Die erste wichtige Beobachtung in diesem Masernausbruch war, dass vier (von fünf erkrankten) Spitalangestellten Symptome von Masern entwickeln, obwohl sie früher vollständig geimpft waren (2 Impfdosen). Dies ist für sich alleine betrachtet keine Überraschung, wir wussten ja eigentlich, dass keine Impfung vollständig schützt. Doch es ist gut, daran erinnert zu werden, wenn wir im Spital Masernpatienten betreuen. Gerade das Pflegepersonal, welches sehr nahe und über einen längeren Zeitraum mit betroffenen Patienten arbeitet, muss wissen, dass die Impfung kein vollständiger Schutz ist. Auch geimpftes Spitalpersonal sollte sich im Kontakt mit Patienten durch das Tragen einer Schutzmaske schützen.

Schutzmaske schützt das Personal
In diesem Masern-Ausbruch waren besonders viele Personen im Gesundheitssetting (Spitäler, Praxen) unter den Exponierten. Als exponiert wurde bezeichnet, wer in den vier Tagen vor oder nach Symptombeginn (Hautausschlag) mit einer erkrankten Person im gleichen Raum war. Tatsächlich konnte auch in diesem Ausbruch gezeigt werden, dass das Tragen einer Schutzmaske (N95) vor einer Infektion schützt. Alle fünf Erkrankten Spital/Praxis-Angestellten hatten keine Schutzmaske getragen. Die Autoren berechnen sogar, dass das Tragen einer Schutzmaske (unabhängig vom Masern-Impfstatus) bei der Pflege von solchen Patienten die sekundären Fälle beim Personal zu 100% hätte verhindern können.

Impfung schützt vor Übertragung
Diese Beobachtung ist vielleicht noch wichtiger: Denn bei jedem Fall einer Erkrankung beim Gesundheitspersonal wurden hunderte von Exponierten Personen anschliessend überwacht und weiter untersucht. Es zeigte sich nun, dass keiner der geimpften Angestellten eine weitere Person (Patient, Mitarbeiter, privates Umfeld) anegsteckt hat. Damit – so folgern die Autoren – kann man bei solchen Ausbrüchen auf die weitere Nachkontrolle verzichten, wenn die erkrankte Person selbst einen guten Impfschutz hat. In der Theorie war uns auch dieser Sachverhalt klar: Wer geimpft ist, ist – sollte er dennoch erkranken – nicht nur geschützt vor Komplikationen der Infektion sondern scheidet auch weniger Virus aus (beim Husten / Atmen / Niessen, etc.).

Wichtige Konsequenzen für den Spitalalltag
Die Studie zeigt wichtige Konsequenzen für die Infektionsprävention in Spitälern und Arztpraxen.

  • Zum Ersten ist es wichtig, dass wir die Symptome einer Maserninfektion kennen. Bei Patienten mit Fieber und Hautausschlag, müssen wir an eine Maserninfektion denken (und nicht nur – aber auch – eine HIV-Primoinfektion durch Bluttest ausschliessen).
  • Zweitens sollten wir bei unserer Arbeit – unabhängig von unserem eigenen Impfstatus – beim Umgang mit Patienten mit Masernverdacht immer eine N95 Atemschutzmaske tragen. Dies ist längst keine Selbstverständlichkeit und die Masken fehlen in vielen Arztpraxen.
  • Bei geimpftem Personal treten die Erkrankungssymptome milder auf. Wir müssen exponiertes Personal darauf hinweisen, dass sie sich selbst bei milden Symtomen (Fiebergefühl, Schnupfen) für eine Kontrolle melden sollten, um das weitere Übertragungsrisiko zu reduzieren.
  • Und last but not least: Es wurde zwar in der Arbeit nicht untersucht, doch die Übertragung von Virusinfektionen der Atmungsorgane erfolgt immer auch über die Hände. Die konsequente Händedesinfektion bleibt eine wichtige Standardmassnahme für alle, die beruflich Umgang mit ansteckenden Krankheiten haben.

Die Autoren habe ihre Empfehlungen zum Umgang mit einem Masernausbruch auch im Supplementum online publiziert:Masern_PrävStrat_Gohil