29. Juni 2015

Cystitis oder Geschlechtskrankheit?

Kommt eine Frau zum Arzt mit Symptomen einer Blasenentzündung, so wird meist sofort eine antibiotische Therapie eingeleitet. Doch handelt es sich da immer um eine banale Harnwegsinfektion oder könnte auch eine Geschlechtskrankheit die Ursache sein? In einer kürzlich publizierten Studie aus Clevland wurde in einer grossen Notfallstation während 2 Monaten systematisch bei Frauen mit einer Harnwegsinfektion nach Geschlechtskrankheiten gesucht. Insgesamt wurden über 260 Frauen mit vermuteter Harnwegsinfektion untersucht, zwei Drittel hatten klassische Zeichen einer Cystitis (15% hatten nur vaginale Symptome). Gut ein Viertel der Frauen hatten früher schon einmal eine Geschlechtskrankheit.

Hauptdiagnose: Harnwegsinfekt
In mehr als der Hälfte der Frauen (n=158) wurde ein Harnwegsinfekt diagnostiziert. Nur in 9% der Fälle wurde eine Ko-Infektion mit einer Geschlechtskranheit (STI) vermutet und bei gut einem Viertel fand sich eine Geschlechtskrankheit als einzige Diagnose.

STI-Diagnosen durch Studienpersonal
Eine Geschlechtskrankheit (STI) wurde bei knapp der Hälfte der Frauen gesucht. Bei den restlichen Fällen hat das Studienpersonal zusätzlich die vorhandenen Urinproben auf STIs untersucht. Dabei fand sich bei 23% der Patientinnen eine der drei klassischen STIs: Gonorrhoe, Chlamydien oder Trichomonaden.

STI: Wir denken zu wenig daran
Zusammengefasst fand sich eine zu häufige Diagnose eines banalen Harnwegsinfektes während die Geschlechtskrankheiten relativ oft, im Verlauf auch über mehr als eine Woche, verpasst wurden.

Informiere deinen Arzt
Es ist schon so: Wenn jemand mit „banalen“ Symptomen eines Harnwegsinfektes zu Arzt geht, so will der Arzt nicht unbedingt gleich eine Geschlechtskranheit vermuten. Es kommt durchaus vor, dass ein Patient / eine Patientin den Arzt alleine wegen dessen Verdachtsdiagnose schon Vorwürfe macht. Wenn eine Patientin einen Verdacht auf eine STI hat, ist es sinnvoll, dass sie das Behandlungsteam informiert. Doch nicht selten sind die Frauen selbst auch ahnungslos, wenn sie über die sexuellen Aktivitäten des Partners nicht im Bild sind. So bleibt es dabei: Gelegentlich müssen wir unsere Patienten mit unangenehmen Fragen konfrontieren. Je offener und wertfreier wir diese Fragen stellen, desto einfacher lässt sich dies auch in der Routine implementieren.